Quellen: www.interkriti.org/crete/iraklion/malia_archaeological_site.html www.anistor.gr/english/enback/SignsVal.jpg Außen rechts: Anna Michailidou, KNOSSOS/Ein Führer durch den Palast des
Minos (Athen 2004), S. 37
Mittw. 17.8.2005:
Beim
Einchecken früh morgens am Stuttgarter Flughafen verspäten wir uns
und erhalten nur noch zwei am Mittelgang hintereinanderliegende
Plätz. Nun ja, bis Iráklio
brauchen wir kaum 2½ Stunden. Auf dem Trottoir vor dem Flughafen
„Nikos Kazantzakis” findet bei schon morgendlicher Hitze die
Mietwagenübergabe statt, wobei ich Reifen und Unterboden für diesen
Hyundai Accent noch extra versichern lasse. Der Angestellte
überträgt meine Kreditkarten-Nummer durch bloßes Abrubbeln!
Über eine Küsten-Schnellstraße erreichen wir nach gut 20 Minuten
weiter östlich unser erstes Hotel bei Hersónissos,
eine Strandhotelanlage namens „Aldemar Cretan Village” mit
vielen verschachtelten Wohnkomplexen.
In
Vorbereitung auf die Ausgrabungen von Knossos suchen wir noch am
frühen Nachmittag den kleinen minoischen
Palast von Mália
auf,
dessen Grabungsarbeiten seit 1922 von französischen Archäologen
durchgeführt werden. In grauer Vorzeit soll hier Sarpedon geherrscht
haben, der Bruder der Totenrichter Minos und Rhadamanthys. Nach
Freilegung der Grundmauern hat man den um 1900 v. Chr. erbauten und
nach einem Erdbeben um 1650 v. Chr. neu angelegten Palast ohne
größere Rekonstruktionsversuche in seinem Zustand belassen, anders
also als Arthur Evans es für Knossos unternahm. Leider hat man die
freigelegten Stätten bislang noch nicht großzügig genug mit
Informationstafeln versehen. So streichen denn die meisten Besucher
an den Stätten bloß vorüber und haben wohl in der Regel nur Augen
für Einzelheiten wie den in der Mitte des alten Haupthofs
vertieft eingebauten Altar aus der neueren Palastzeit, den langen
gepflasterten Prozessionsweg, die erstaunlich umfangreichen Magazine
und Getreidesilos oder auch für ein Detail wie die in den Pfeiler
einer Krypta wohl als Steinmetzzeichen eingravierte kretische
Doppelaxt
(Labrys) und
den fast metergroßen kreisrunden Stein mit einem Kranz von
Vertiefungen (meist als „Kernos” für kleinere Opfergaben
gedeutet). Auch wir beiden bleiben für diese Palastanlagen auf eine
nachbereitende Lektüre angewiesen. Neuere
Forscher ziehen übrigens für die Anlagen von Mália die Funktion
als Residenz in Frage und ziehen deshalb dem Terminus „Palast”
Bezeichnungen wie „central
court building” oder „Zentralhofgebäude”
vor.
Die
Fundstücke werden mit Ausnahme von einigen übermannshohen Pithoi
und Opfersteinen im Archäologischen Museum von Iraklio aufbewahrt,
darunter der in einer Nekropole unweit des Palastes gefundene
entzückende Goldanhänger
mit
zwei Bienen, die Nektar zu saugen und die zugleich eine Honigwabe zu
tragen scheinen. Kulturgeschichtlich mit am interessantesten sind die
Tontäfelchen und Siegel mit der bis heute nicht entzifferten
minoischen
Linear-A-Schrift.
Sie war vom 17. bis 15. Jh. v. Chr. in Gebrauch und wurde um 1450
durch Anpassung an die griechische Sprache der Eroberer Kretas von
der mykenischen
Silbenschrift Linear-B
abgelöst.
Die
Bezeichnung „Linear-Schrift”
stammt
von dem Knossos-Ausgräber Arthur Evans, der aber beide Schriften
nicht ergründen konnte und Linear-B ebenfalls als minoisch deutete
(erst 1952 entschlüsselten Michael Ventris und John Chadwick
Linear-B auch dank der im sogenannten Palast
des Nestor in Pylos
gefundenen
Schrifttäfelchen als ein archaisches Griechisch). Die
Linear-Schriften werden von links nach rechts gelesen, dies im
Gegensatz zu der älteren kretischen Hieroglyphenschrift, die – wie
der rätselhafte Diskos
von Phaistós
– wohl
aus der kleinasiatischen oder persischen Herkunftsregion der Minoer
nach Kreta gelangt war; die abgebildete Lautwert- und Zeichentabelle
mag einen ersten Überblick über die verschiedenen Stadien geben.
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