Über das strahlend weiß daliegende Städtchen Ierápetra erreichen wir nach einer weiteren Fahrstunde das von uns für vier Übernachtungen gebuchte Cottage in Koutsounári. Wir wussten zwar, dass diese Steinhäuser dieser Anlage individuell im „kretischen Landhausstil” eingerichtet wurden, nicht aber, dass man deshalb auch auf eine Klimaanlage verzichten müsste. Immerhin können wir in der Wohnung bald einen recht tüchtigen Ventilator aufstöbern, sonst hätten wir uns kurzfristig nach einer anderen Unterkunft für die kommenden Übernachtungen umgesehen. Was wiederum schade gewesen wäre, denn die Lage der Cottage-Anlage ist bezaubernd, erhebt sich doch unmittelbar hinter uns das Tríptis-Gebirge und zeichnet sich drunten hinter der Ortschaft das Libysche Meer ab.
Am Abend fahre ich noch in das örtliche Internet-Café und überfliege meine E-Mail-Nachrichten. Das Café gehört einer Deutschen, die noch einen Bürojob habe und schon seit vier Jahren hier lebe; am übernächsten Tag freilich, als ich nach meiner liegengelassenen Kamera forsche, sieht sie sich nicht in der Lage, mir mit einem griechischen Telefonbuch weiterzuhelfen.
Do. 25.8.05:
Wir legen heute einen Erholungstag ein. Nach der einen oder anderen Lektürestunde machen wir schließlich eine Ausfahrt in das rückwärtige Berggelände, auf engen Serpentinen knapp 10 km hoch bis zu dem Bergdorf Ágios Ioánnis. Gesäumt wird die asphaltierte Straße von Pinien und Mittelmeerkiefern mit zarten hellgrünen Nadelbüschen (das Harz dieser Kiefern wird dem Retsina zugesetzt). An der Bergseite liegen schon hunderte aufgesammelter Felsbrocken und zu beiden Seiten dicke Schläuche und Schlauchbündel, die zum Bewässerungssystem der (Oliven-)Plantagen gehören: Das Wasser, rhythmisch angetrieben durch Pumpstationen, lässt sich offenbar an jeden einzelnen Baum in den Hainen heranführen. In Ágios Ioánnis halten wir bei der Klosterkirche und schauen uns ein wenig im Dorf um, das aber trotz seiner vielen Häuser wie ausgestorben daliegt. Später erfahren wir, dass hier nur drei Dutzend Einwohner gemeldet sind, weil die meisten der früheren Bewohner wegen der besseren Wasserversorgung zur Küstenstraße hinuntergezogen waren und erst seit kurzer Zeit wieder mit der Instandsetzung ihrer Häuser begonnen haben.
Am frühen Abend gehen wir noch einmal hinaus, um drunten im warmen Libyschen Meer zu schwimmen; bis Mitte November soll dies hier gut möglich sein. Der kilometerlange Kieselstrand ist kaum belegt, allerdings fällt hier auch der Meeresgrund plötzlich steil ab. Die All-inclusive-Hotels in der Nähe haben daher markierte Zonen für Nichtschwimmer.
Die Küstenlandschaft allerdings ist weithin arg verschandelt durch Unmengen plastikverkleideter Gewächshäuser, deren Planen zuletzt vom Wind abgerissen werden und in der Umgebung verrotten. Ein ausgeflippter Holländer soll diese für Tomaten, Auberginen, Gurkengewächse oder auch Bananen gebräuchliche Methode einst importiert haben. Noch krasser ausgeprägt werden wir solche landschaftlichen Verwüstungen im nächsten Jahr im „Mar del Plastico" von Andalusien wiederfinden.