Der
Weg führt uns durch weitere Olivenhain-Landschaften der
Messará-Tiefebene und dann auf serpentinenreicher Straße entlang
der Südseite des Díkti-Gebirges. Wir halten bei Amirás
bei
dem Mahnmal
für
die Massaker an über 500 Kretern, die an drei Tagen des Septembers
1943 von Angehörigen der deutschen Wehrmacht verübt wurde. Nach dem
Hauptort der Region werden sie als „Viánnos-Massaker”
bezeichnet.
Vorangegangen war ein Partisanenüberfall auf zwei Soldaten eines
deutschen Außenpostens in Káto Sími; als ein Suchtrupp in
Kompaniestärke dort in einen Hinterhalt geriet und über 40 weitere
Soldaten verlor, ließ der kommandierende General Friedrich-Wilhelm
Müller als „Vergeltungsaktion” alle männlichen Einwohner der
Umgebung erschießen und ihre Dörfer niederbrennen. Nach dem
detaillierten Untersuchungsbericht, den Nikos Kazantzakis
dort
1945 im Auftrag der griechischen Regierung Dorf für Dorf abfasste,
hatten zudem viele Soldaten nicht nur die Männer exekutiert, sondern
alle, die ihnen über den Weg liefen, darunter Frauen und Kinder –
letzteres hatte Hitler in seinem „Bandenbefehl”
vom
Dezember 1942 ausdrücklich gutgeheißen und war so auch von Müller
angeordnet worden. Ein englischsprachiger Wikipedia-Artikel
führt
dies näher aus und hält weitere Gräueltaten fest, darunter das
schon von Kazantzakis protokollierte wiederholte Verbrennen bei
lebendigem Leibe. General F.-K. Müller wurde wie Bruno
Bräuer,
sein Vorgänger als Kommandant der „Festung Kreta”, 1945 von den
Briten an Griechenland ausgeliefert und nach einem
Kriegsverbrecherprozess in Athen 1947 an Bräuers Seite in Chaidári,
wo sich zuvor ein KZ-Lager befand, erschossen.
Traditionsverbände
der an dem Massaker beteiligten deutschen Truppenteile wie das des
„Grenadier-Regiments
65”
können noch heute darüber hinweghuschen („... nahm im Laufe des
Jahres 1943 die Bandentätigkeit erheblich zu. Der schwerste
Zusammenstoß erfolgte im Juli 1943 im Dikti-Gebirge, wo die neue 11.
Kompanie aus einem Hinterhalt überfallen wurde und dabei 11 Tote und
18 Vermisste einbüßte”) oder diese Verbrechen in ihrer
Chroniktabelle
völlig unterschlagen („1942 Verlegung nach Griechenland.
Lufttransport nach Kreta … 1943 Einsatz auf den Dodekanesinseln ...
1944 Räumung der Insel Kreta”); ebenso geschönt ein
Wikipedia-Artikel über die übergeordnete in Bremen aufgestellte 22.
Infanterie-Division.
Eines
dieser 50 damals niedergebrannten Dörfer suchen wir hinterher noch
auf, die Ruinenödnis von Áno
Sími.
Einen Teil der zerstörten Häuser hat man hier wieder aufgebaut, sie
aber ohne Überdachung als Mahnmal stehen lassen und nur von
Überwucherung möglichst freigehalten.