Quellen: http://kretareis.glukorizon.nl/modx/assets/galleries/12/big_gortyn_plattegrond.jpg www.interkriti.org/dbsf/pages_pics/11/1110112/apollo01.jpg www.grisel.net/images/greece/Gortys29_3.JPG http://farm9.static.flickr.com/8253/8665383624_b0352bac94_m.jpg
In
einem Olivenhain jenseits der Fernstraße liegt ein verborgener und
offenbar wenig besuchter Grabungsabschnitt von Gortýn, der
allerdings zu den größten Griechenlands zählt. Über einen Pfad
gelangen wir bald in den Bereich, in dem Ruinenfelder eines
Apollontempels aus dem 7. Jh. v. Chr. und eines römischen
Praetoriums aus der frühen nachchristlichen Zeit die Blicke auf sich
ziehen. Beiden vorgelagert sind die Überreste des einzigen auf Kreta
jemals für ägyptische
Gottheiten
errichteten
Tempels. Er wurde im 1. oder 2. Jh. n. Chr. unter den auch Ägypten
beherrschenden Römern geweiht und war der Isis, dem Serapis sowie
dem Hermanubis gewidmet. Von der Tempelanlage ist nicht mehr
viel übrig geblieben, doch ergrub man hier die im AMI-Museum von
Iráklio ausgestellte phantastische Skulpturengruppe mit Isis
(alias
Persephone) und Serapis
(alias
Hades) sowie dem dreiköpfigen Höllenhund Kerberos.
Die Ausgräber hoffen angeblich, eines Tages auch noch auf den
wunderlichen Hermanubis zu stoßen, diese Mischgestalt aus dem
elegant-gerissenen griechischen Seelengeleier Hermes und seinem
schakal- oder hundsköpfigen ägyptischen Amtsgenossen Anubis. Doch
dürfte man ihn schon hier als Hades-Psychopompos in dem
dreiköpfigen Höllenhund Kerberos andeutungsweise vor sich
haben. Serapis mit dem Hadeszepter trägt auf dem Haupt den Modius
(das Getreide- und Fruchtmaß eines Segenspenders) und Isis, das
Haupt mit ihren Attributen Mondsichel, Sonnenscheibe und
Uräusschlange geschmückt, hält in der Rechten das auch für
Kreta nachgewiesene Sistrum.
In
unmittelbarer Nähe dieses Heiligtums befinden sich die Ruinen eines
archaisch-dorischen
Apollontempels
aus dem 7. Jh. v.
Chr. Er war dem orakelgebenden Apollon Pythion gewidmet, der schon in
mythischen Urzeiten, nach seiner Tötung des delphischen
Python,
sich in Südkreta hatte entsühnen lassen. Der Tempel, unter dem
einst ein minoisches Heiligtum lag, wurde in der römischen Zeit
seinerseits wiederholt umgebaut und erhielt dabei den im Hintergrund
zu sehenden Stufenaltar. – Ein 1991 auf dem Grabungsgelände
gestohlener Torso
des Gottes,
der von einem britischen Kunsthändler an einen deutschen Sammler
verkauft und von diesem an einen Schweizer Kunsthändler
weitergereicht wurde, konnte vor seinem Weiterverkauf an einen
Privatmann auf Proteste des griechischen Kulturministers hin 2008
wieder nach Kreta heimgebracht werden.
Auch
das im 1. Jh. n. Chr. errichtete Praetorium,
ein palastartiges Gebäude des römischen Statthalters von Creta (et
Cyrenaica), musste gegen Ende des 4. Jh. n. Chr. nach einem Erdbeben
neu erbaut werden. Es war sowohl für den Privatbereich des Prätors
als auch für seine offiziellen Funktionen angelegt und wies so neben
Bädern und Stallungen auch etwa eine Gerichtshalle sowie einen
Archiv- und Gefängnistrakt auf. In dem angrenzenden kleinen
Nymphäum fand man die ungewöhnliche Marmorstatue
einer Aphrodite, die eine
Wasserschale herbeiträgt (eine römische Kopie).
Nach
unserem weiteren Rundgang vorbei an den Resten der Thermen und eines
kleinen Amphitheaters sehen wir in der Nähe des Prätoriums noch
einige Zeit lang den italienischen Ausgräbern der jüngsten
Generation zu, wie sie das Terrain sondieren oder
Schutthügelchen abtragen. Auf einer Sammelstelle in der Nähe lagern
hunderte von Trümmerteilen, Säulentrommeln, Kapitellen und
Architraven oder Quadern. Es gibt hier weiterhin sehr viel zu
tun; vor allem die römische Stadt liegt noch größtenteils unter
der Erde.
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