Quellen: www.minoer.net/wp-content/uploads/2011/05/Sarkophag-Ag-Triada-49961-87537-61074-14.jpg
www.academia.edu/371289/Materialization_of_Mycenaean_Ideology_and_the_Ayia_Triada_Sarcophagus http://images.tournet.gr/photos/9001/061.jpg www.minoer.net/wp-content/uploads/2011/05/Sarkophag-Ag-Triada-49961-87537-61074-14.jpg www.latsis-foundation.org/eng/electronic-library/the-museum-cycle/the-archaeological-museum-of-herakleion https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/28/Sarkophag_von_Agia_Triada_01.jpg
Was
man im Villenbereich aus der „Jüngeren Palastzeit” fand, gehört
mit zu den schönsten Exponaten des AMI-Museums von Iráklio, weshalb
ich wenigstens zu dem wertvollsten Fundstück noch etwas anmerken
möchte. Es ist der aus Gipsstein gefertigte Sarkophag
aus
dem kleineren und tiefergelegenen der beiden Tholosgräber; entdeckt
wurde es 1903 nordöstlich der Siedlung und auf die
Nachpalastzeit um 1400 v. Chr. datiert. Die Fresken an den Sargwänden
geben detailliert wie nirgendwo sonst Szenen aus dem minoischen
Totenkult wieder, der schon den Einfluss der mykenischen Eroberer
zeigt. Wie in der Forschung ausgeführt
wurde,
ist es nicht der auf kretischen Tonsärgen (Larnakes) öfter
dargestellte Typus einer Totenklage, bei der die Frauen sich rituell
das Haar raufen oder beide Arme zum Kopf führen und die Männer
allenfalls einen Arm wie zum Abschiedsgruß heben; vielmehr sehen wir
hier, wie Teilnehmer einer kultischen Prozession, von einem Lyra- und
einem Flötenspieler begleitet, in betont feierlicher Würde
Opfergaben darbieten.
Die
Längsseite
A
des
Sarkophags zeigt nach links hin schreitende Frauen, die mit
anscheinend heiterer Miene Gefäße herantragen und sie in einem
größeren Sammelgefäß entleeren. Ihre Libationsgabe wird
gelegentlich als –
soeben
gemischter – Wein
gedeutet, meist aber als Opferblut eines Stiers, zumal die beiden
seitlichen Säulen jeweils von einem Paar von Votiv-Doppeläxten
bekrönt sind, von minoischen
Labryses,
die mit dem minotaurischen Stierkult in Verbindung stehen.
– Die
siebensaitige Lyra gilt übrigens als die erste, die man in der
griechischen Kunstgeschichte nachweisen konnte und die unten abgebildete, mit einem
Schalltrichter versehene Doppelflöte (Aulos) als die erste für Kreta
belegte.
In
entgegengesetzter Richtung tragen Männer vor einem dunkleren blauen
Hintergrund Stierkälber und ein Bootsmodell zu einem stehenden Mann
mit umhülltem Körper heran; dieser wird in der Regel als der
bei seinem Grabmal wartende adlige Verstorbene identifiziert. Auf
einen möglichen Wiedererstehungsglauben scheint vor allem die
Szenerie an den beiden Schmalseiten
des
Sarkophags hinzudeuten, wo (weibliche) Gottheiten in zweirädrigen
Wagen von geflügelten Greifen und von wie gehörnten und gefiederten
pferdeähnlichen „Wilden Tieren” („agrimia”
oder
kretischen Wildziegen) gezogen werden.
Die
Längsseite
B des
Sarkophags zeigt weitere Details dieses Bestattungsrituals; im
Zentrum sieht man einen soeben auf einem Altar geopferten Stier
und
auf dem größeren Altar rechts neben der Priesterin die weißen
kultischen
Hörnerpaare
des
minoischen Stiers.
Von
seinem Alter her fällt dieser Sarkophag in die Zeit eines intensiven
Austauschs zwischen Kreta und Ägypten; ob und wie deutlich der
ägyptische Totenkult in diesem minoisch-mykenischen Werk seine
Spuren hinterlassen hat, wird in der Forschung kontrovers diskutiert.
Umstritten sind auch Thesen wie die, dass der Tote bereits in die
Unterwelt hinab sinkt und dass auf Längsseite B der schwarze Vogel,
das Fruchtopfer und das hinab fließende Blut des geopferten Stiers
gleichfalls auf diese chthonische Sphäre hindeuten.
- 15 -