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ERSTER LEBENSRAUM: ERINNERUNGSAUTOMATISMUS ENTLANG DEN ERLEBNISSZENEN

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aber in seiner Quintessenz zu erfahrenden Zeit- und Phantasieraum bewegen. Und zwar bleibt es trotz jener zeitlichen Unterschiede ein erstaunlich homogener Zeitraum, sagen wir der meiner „Kindheit” in dem kleinen Rondell beim Hause meiner Großeltern:

 

Dort hinten, von Omas Haus her gesehen an der linken Ecke des Rondells, zieht sich am Rande der Straße die grüne He­cke hin, hinter die ich mich nun – die Perspektive springt dabei um auf mich – in Panik zu Boden werfe, als ich tief hinten aus der Ferne ein Lastauto böse heranheulen höre <um 1948, als ungefähr Dreijähriger erlebt?>. Wenige Meter schräg gegenüber, auf der rechten Straßenseite des sich hier öffnenden Rondells, habe ich mich hinter einem anderen Abschnitt dieser Hecke <um 1950> mit meiner Cousine Gitti versteckt – wieder springt dabei die Perspektive in die unserer Verstecksituation um. Gitti erscheint mir in dieser Szene immer in dem Wissen, dass sie ein, zwei Jahre später nach win­terli­chem Schwimmbadbesuch an einer Lungenentzündung starb; wobei mir in der Regel die folgende Szene erinnerlich wird, nun an der Außenseite der vom Rondell abzweigenden Straße: Hier stehe ich vor der Hecke und höre, das Gesicht Omas Haus zugekehrt, von Gitti mit Ehrfurcht, dass sie „schon bis 1000 zählen” könne <um 1951/52>.

   Meine szenische Erinnerung findet sich danach regelmäßig bei einer anderen Stelle auf der Rondellstraße ein, wo ich, auf halbem Weg hin zum Hause der Großeltern, ein farbiges Bildchen mit dem ,Sterntaler-Mädchen betrachte – manchmal sehe ich statt dessen auch eine Zeichnung zu Andersens Märchen ,Das Mädchen mit den Streichhölzern’ vor mir <beide Mädchen, wie ich erst in diesem Augenblick bemerke, sind wie die kleine Gitti von tödlicher Kälte bedroht!>. Noch einige Meter weiter zurück zu Omas Haus hin wartet schon der Eis<!>verkäufer mit einem überbauten Dreirad <um 1952?> oder auch mit seinem VW-Transporter <um 1955?>, dies jeweils von der großelterlichen Wohnung aus betrachtet.

    Und wiederum ein paar Schritte näher zum Haus hin scheine ich in einem Kinderwagen zu liegen und erblicke daraufhin ein großes Gesicht über mir. Wobei die Szene einen Moment später aus der Perspektive dessen gesehen wird, der sich über den hellen Kinderwagen beugt <eine absurde Montage aus Gefühl und Blick, die noch zu erläutern wäre>. Gleich ne­ben dieser Stelle ist auf dem Straßenpflaster mit weißer Kreide das Ziffernkästchen unseres Hinkelspiels ,Himmel und Hölle’ <um 1952/53?> zu sehen. Etwa fünf Schritte weiter tauschen wir Jungen <wohl um 1954/55> die bunten frappierenden Karl-­May-­Bildchen aus der ,Coco-Nuß’-Serie ...

 

Das war die kurze Wegstrecke auf der „linken” Seite des von Häusern umstandenen Rondells, dessen Durchmesser sich auf kaum 30 Meter beläuft. Der dabei immer spürbare Bezugspunkt ist das Haus der Großeltern, in dem ich drei Jahre lang (bis Mai 1949) aus und ein ging, als wir Flüchtlinge im Nebenhaus ein Zimmer bewohnten. Und auch später, vor allem als 10-12jähriger, kehrte ich dorthin mit dem Fahrrad immer wieder zum Spielen zurück. Die unmittelbare Umgebung des Hauses ist darum be­sonders

 

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