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RUTH FLEIGS GALERIE
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HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
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Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
FRÜHKINDLICHE  RAUM-  UND  SPIELPOSITIONEN  NOCH  BEIM  ERWACHSENEN

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So war denn meine erste Rückkehr 1976 ein noch unsicherer und nur probeweise getaner Schritt, dem Vergessenen und Übersehenen nicht nur wie bis dahin durch literarhistorische Studien beizukommen, sondern das schleichende Sichfremdwerden und Sichhinwegsterben als menschliches Lebensschicksal auch für die noch relativ kurze eigene Geschichte zu verfolgen und dagegen vielleicht besser gewappnet zu sein. Wie viel schon damals verlorengegangen oder wie verschüttet war, zeigte jener Schock an­ge­sichts des Klingelschilds. Wie viel noch anonym weiterlebte, empfand ich eher beim Anblick der wie verwunschen da­lie­gen­den – da seit langem vom Hochwasser bedrohten – Rheinwiesen, deren alte ächzende Weiden mich „fröhlich be­klom­men” machen konnten. Und wie tyrannisch sich die einmal verfestigten Erinnerungsbilder und -bahnen gegen neue Eindrücke zu behaupten suchen, registrierte ich schon in den folgenden Wochen. Doch erst Mitte der 80er Jahre nahm ich entschlossener die Spu­ren­su­che und -sicherung für meine Kindheit auf, zunächst überwiegend durch Photographieren der Örtlichkeiten, später ver­stärkt durch Besuche bei Altersgenossen und auch ehemaligen Lehrern.


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Abgezeichnet hat sich bei meiner Erinnerungssuche bisher eine innere Verwandtschaft zwischen der im frühkindlichen Spiel geprägten Orientierung im Raum, zwischen Grundformen des Sozialverhaltens sowie spät erst entfalteten Interessen, Denkmustern und Problemstellungen. Zu erkennen gibt solch verdeckte Verbindungslinien zwischen unseren verschiedenen Le­bens­pha­sen niemals die episodisch sich zerstreuende Erinnerung, sondern nur das strukturbewusste, rekonstruierende Sicherinnern, das (halb-)vergessene und nie recht verstandene Situationen oder Beziehungen erkundet und mit anderen verknüpft. Es könnte zu einem Gegenmittel sowohl gegen den Zerfall als auch gegen die Erstarrung unserer Lebensgeschichte werden. Dies nicht allein dank der gewonnenen Einsichten, sondern auch als mögliches neues Verhaltensregulativ. Bewusst zu verstärken in ihrer sta­bi­li­sie­ren­den Kraft wäre in meinem Fall – und gewiss nicht nur in meinem – vor allem die Einstellung, dass vieles nur aus der schüt­zen­den Distanz heraus zu betrachten und zu erforschen ist. Hingegen hätte man sich einige der zur Isolation neigenden Raum­po­si­tio­nen wieder abzugewöhnen, die eingeschliffenen Erinnerungsgsbahnen probeweise zu verlassen und sich auch den Zwangs­cha­rak­ter uns liebgewordener Denkfiguren klarzumachen.


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