Quellen: http://farm3.static.flickr.com/2524/3853754932_1808658b23.jpg http://24.media.tumblr.com/tumblr_m9xchsjs8I1qgs6wvo1_400.jpg
Die. 15.8.2000:
Nach
Auswechslung unseres angeschlagenen Mietwagens machen wir uns auf den
Weg zu unserem Tagesziel Oklahoma City, und zwar auf der Nebenstrecke
über Paris, Texas. Im gleichnamigen Film von Wim
Wenders (1984) ist von der Stadt nur das öde Grundstück auf dem
zerknitterten Photo zu sehen, das Travis noch mit sich trägt. Da ich
schon seit langem vorhabe, über Wenders' Filme und ihre hermetische
Erzählweise ein Buch zu schreiben, kommen wir auf dieser Reise
gelegentlich auf seinen Film zurück und werden Travis' Spur das
nächste Mal wieder an der mexikanischen Grenze beim Big Bend des Rio
Grande kreuzen.
Paris,
Wohnort des hier auch beigesetzten Rinderbarons John Chisum, war
Ausgangspunkt eines westlich nach New Mexiko führenden
Longhorn-Trails. Gegenwärtig hat die Stadt 25.000 Einwohner. An
jeder zweiten oder dritten größeren Kreuzung erblicken wir eine
Kirche oder ein kirchliches Versammlungsgebäude, mitunter haben sich
dort gleich zwei und auch drei miteinander konkurrierende
christliche Freikirchen und Sekten angesiedelt, vorneweg die
Baptisten. Ihnen gehören nach „Google maps” drei oder vier
Dutzend der über 100 für den Ort verzeichneten Kirchengebäude.
Falls an ihren Früchten zu erkennen, muss hier eine weithin bigotte
Lebensweise geherrscht haben,
hat doch Paris –
wie wir und sicherlich auch Wim Wenders erst viel später
erfuhren – seit Generationen einen üblen Ruf als Hochburg
des Rassismus mit
brutalen (öffentlichen) Lynchmorden
an Schwarzen.
Speziell die baptistischen Kirchen im Süden der USA haben die
Rassentrennung praktiziert und sollen sie hier und da noch
heutigentags verteidigen.
Wim
Wenders selbst verschlug es bei seinem Besuch dieser Stadt zunächst
einmal die Sprache. Auf S. 92 von ,Einmal.
Bilder und Geschichten’
(Frankfurt/Main 2. Aufl.
1995) schreibt er: „Einmal war ich tatsächlich in Paris, Texas ...
Gleich am ersten Tag meines Aufenthalts, beim ersten Spaziergang, kam
mir ein Umzug entgegen, die Weihnachts-Parade: ‘It left me
speechless.’” Er brachte es aber noch fertig, den grotesken
Umzug zu fotografieren und nahm einige Bilder in das ,Einmal’-Buch
auf.
- 51 -