Wir
machen uns bald auf den Weg zu dem 2 Kilometer jenseits von Ortygia
gelegenen Bauwerk-Ensemble des „Archäologischen Parks”. Wieder
einmal weist uns einer dieser informell tätigen Parkwächter
mit offiziös-energischen Gebärden ein und knöpft
uns seine Münzen ab; was auch einigermaßen in Ordnung
ist, zumal dieser Tribut neuerdings „EURO” heißt. – Zuerst
kommen wir zu dem monströsen, ungefähr 190 Meter (die Länge
eines „Stadion”) langen Opferaltar
Hierons II.
Nur
die aus dem Fels herausgearbeiteten Fundamente des Altars blieben
erhalten, alles Übrige hatten wie auch beim griechischen Theater die
Spanier im 16. Jh. für ihre Festungsanlagen
abgebaut. Bei den feierlichen Spielen zu Ehren des Zeus Eleutherios,
so schreibt der aus Sizilien stammende Historiker Diodor, schlachtete
man am Altar jedesmal 450 Stiere und verteilte das nicht geopferte
Fleisch unter der Bevölkerung. Das Blutbad einer solchen Hekatombe
ist für uns Heutige kaum noch vorstellbar. Die Opfertiere wurden
wahrscheinlich vor
dem Altar getötet
und
nur ausgesuchte Teile auf dem Altar verbrannt.
Die
Prunklust dieses Herrschers muss exorbitant gewesen sein,
überdimensioniert wie jener Altar war auch sein Pracht- und
Palastschiff Syrakosia, das mit Ausnahme von Alexandria in keinen der
Mittelmeerhäfen einlaufen konnte; so machte es Hieron
schließlich dem späteren Pharao Ptolemäos III. zum Geschenk.
Hieron II. hatte sich mit Rom erfolgreich gegen Karthago
verbündet; als jedoch sein Nachfolger die Seite wechselte,
zerstörten die Römer unter ihrem Feldherrn Marcellus die Stadt.
Archimedes, der während der zweijährigen Belagerung einige
spektakuläre Kriegsmaschinen erfunden und zum Einsatz gebracht haben
soll, fand dabei seinen so beeindruckenden Tod.
Das
angrenzende griechische
Theater
wurde
um 470 v. Chr. angelegt und dabei ungewöhnlich flach in den
Kalksteinhügel hineingeschlagen. Mit einem Durchmesser von
beinahe 140 Meter für 15.000 Besucher war es nach der Erweiterung
durch Hieron II. das wohl größte der griechischen Antike. Es ist
erstaunlich gut erhalten, freilich ging von den einst 60 Sitzreihen
fast ein Drittel verloren, nicht zuletzt durch einen Umbau in
römischer Zeit. Auch weist der Zuschauerraum (die Cavea) nicht
mehr die griechische Hufeisenform auf, sondern das römische
Halbrund. Die Spielfläche der Orchestra ist nicht kreisrund wie etwa
die in
Epidauros
und hat statt deren Parodoi neue Zugänge erhalten, die mit
Ehrenlogen überdacht waren. Das Theater wurde auf diese Weise dem
Amphitheater der Römer und ihren blutigen Spaßveranstaltungen
angepasst. Doch
auch dies genügte ihnen nicht, im 3. Jh. n. Chr. erbauten
sie das angrenzende ellipsenförmige Amphitheater,
das sich besser für die Nachstellung von Seeschlachten sowie für
Gladiatoren- und Tierkämpfe eignete. Es
soll eines der größten des
Imperium Romanum gewesen sein. Und erscheint
doch rührend winzig im Erinnerungsvergleich mit
dem Colosseum, das wir neun Tage später
wiedersehen sollen.
Doch
zurück zum Teatro Graeco. Der von Hieron I. im Jahre 470 v. Chr. nach
Syrakus eingeladene Aischylos ließ hier seine Tragödie ,Die
Perser’
wiederaufführen;
an der hier ausführlich geschilderten Seeschlacht von Salamis
(480 v. Chr.) hatte der Dichter noch selber teilgenommen.
In dem Theater wurden seinerzeit auch Bürgerversammlungen
abgehalten, und in der Gegenwart nutzt man es neu für Musik-
und Theateraufführungen, darunter
Stücke der griechischen Tragiker in italienischer Übersetzung.
Auf
einem Trampelpfad gehen wir von den obersten Sitzreihen weiter hoch
zu der ungefähr 150 Meter langen Gräberstraße
(,Via
di Sepolcri’).
Sie enthielt neben Grabstätten auch Nischen für den
griechischen Heroen- und Totenkult und wurde
streckenweise noch in christlich-byzantinischer Zeit
genutzt. In ihrer Mitte liegt eine größere künstliche
Wassergrotte, ein Nymphaion,
das zum antiken Theater gehörte.
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