Quellen: www.decadevolcano.net/photos/etna0701_1.htm www.volcanodiscovery.com/de/vulkane/lexikon/smoke_ring.html www.nrlmry.navy.mil/aerosol_web/Case_studies/20010722_etna/lava3.jpg
Fr.
15.8.2003:
Beide
sind wir nun bereit für den Ätna
alias ,Montebello’,
den wir mit seinen weißen Rauchfahnen seit Catania immer
wieder im Blick hatten. Für dieses gewaltige, die gesamte
Ostküste Siziliens beherrschende
Gebirgsmassiv nehmen wir die südliche
Anfahrt über das Städtchen Nicolosi.
Bis hierhin war Anfang Mai 1787 Goethe auf einem Maultier an der
Seite des Landschaftszeichners Christoph Heinrich Kniep von
Catania aus geritten, konnte aber wegen des noch
tiefliegenden Schnees nicht weiter hinauf zum Ätna.
Wie es ihm in Catania ein Vulkanologe geraten hatte, suchte er
deshalb nur den Krater des Zwillingsberges Monti
Rossi (950
m) auf, der ein Jahrhundert zuvor durch einen
Ausbruch an der Südflanke des Ätna entstanden war und mit
seinen Lavamassen große Teile von Catania
zerstört hatte.
Schon an diesem relativ kleinen Kraterrand freilich
geriet Goethe in Lebensgefahr, denn ein
aufkommender stürmischer Morgenwind
behinderte sein Weitergehen im Mantel, den er jedoch
nicht abzulegen vermochte ohne Gefahr, dass
sein Hut hinab in den Schlund und er womöglich hinterher
geweht werden könnte. So burlesk jedenfalls
beschreibt er dies selber in seiner ,Italienischen Reise' (5.5.1787) – Die Gemeinde
Nicolosi hat ihm zum 200. Jubiläum seines
Aufbruchs zum Ätna ein Monument aus Lavagestein
errichtet; es befindet sich am nördlichen
Fuß des inzwischen pinienbewaldeten Kraterberges bei der ,Via
Goethe’ und trägt eine bronzene Inschrift („flagellato da
vento ... ”).
Von
der serpentinenreichen Panoramastraße aus,
die man stellenweise durch Lavabäche des Ausbruchs
von 2001 wieder freischneiden musste, sehen wir bei Blicken
zurück die beiden Bergkegel unter uns mehr und mehr schrumpfen.
Für Johann Gottfried Seume, der im April 1802 mit einigen
englischen Offizieren auf Maultieren ebenfalls von Catania
aus aufbrach und bis zum Kraterschlund des Ätna kam, lagen die
Monti Rossi von dort oben beinahe wie „Maulwurfshügel”
da (,Spaziergang
nach Syrakus im Jahre 1802’,
Nördlingen 1985, S. 240). In seiner fesselnden Schilderung
der mühseligen Klettertour
erwähnt
er auch den Verzehr seiner gefrorenen Apfelsinen
sowie die erfrorenen Finger und Zehen des einen oder anderen seiner
Begleiter.
Wir
parken den Mietwagen auf 1900 Meter Höhe bei der Schutzstation
Rifugio
Sapienzia.
Der Name bezieht sich appellativ auch auf den Vorsokratiker
Empedokles, der ja aus Enttäuschung über seine
Zeitgenossen in den Ätna gesprungen sein soll. Wir lösen sogleich
Tickets für einen Allradbus, da die Seilbahn nach dem letzten
Ausbruch immer noch zerstört ist.
Der Bus braucht beinahe eine Stunde, um auf Serpentinen
auf 2900 Meter bis zum Observatorium
,Torre del Filosofo’
zu klettern, rund 400 Meter unterhalb des Hauptkraters. Von dem
Ende 2002 verschütteten Observatorium, das auch Bergführern und
Wanderern Schutz bot, hat man bislang nur den oberen Teil
freigelegt. Höher hinaus sollten wir wegen der heutigen
Witterung besser nicht gehen, hatte uns der mit
dem Ticketpreis bezahlte Bergführer schon
zuvor erklärt.
So
folgen wir ihm denn mit annähernd 30 anderen Besuchern
zunächst zu einem Informationsstand und dann zu zwei Nebenkratern.
Rotbraun bis schwefelgelb sind die Wände und
herausgeschleuderten Aschebröckchen
eines jüngst gebildeten Kraters. Schwefelgeruch liegt in der Luft,
hier und da steigen aus Fumarolen Wasserdampf- oder Gasschwaden auf
und, so weit man blicken kann, liegt vor uns ein ödes
rostbraunes bis schwarzes Feld überwiegend aus
Lapilli und Pulverasche, gelegentlich mit
grünlichen Farbtupfern einer Pioniervegetation. An die 300 (temporäre)
Nebenkrater und plötzlich wieder eruptiv
aufbrechenden Kraterspalten soll es in der Ätnazone geben. Es ist kühl hier oben, doch unter
den Fußsohlen wird es gelegentlich warm.
Ruth entdeckt auf der abgebildeten großen
Vulkanbombe eine Kolonie von
Marienkäfern; wie später zu lesen
ist, werden viele von ihnen offenbar aus Nordafrika herangeweht
und durch die Aufwinde des Ätna in derartige Höhen
getragen.
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