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Oben: Die unter den Stauferkaisern um 1220 für die Deutschritter erbaute Kirche 'Santa Maria degli Alemanni' in Messina


Links: Der umstrittene Plan einer Hängebrücke über die Meeresenge von Messina

Quellen: https://ingenierodelacrisis.files.wordpress.com/2012/10/puente-messina-4.jpg   www.cult-turist.ru/img/13403_orig.jpg   http://etnaportal.it/public/upload/foto/big/1670_2027a109dfac4e60c8002015020618143550100f50ed02987890c251f5.jpg


Auf der Weiterfahrt von Bagheria nach Messina nehmen wir eine gute Stunde lang die streckenweise von Schilfrohr gesäumte und dann wieder pflanzenfrohe Küstenstraße und erblicken zu unserer Rechten von Zeit zu Zeit die ho­hen Be­ton­stel­zen der A19. Südlich von Himera biegen wir in die noch im Bau befindliche, nur in Fahrtrichtung Messina fertiggestellte A20 ein.

   Das von uns für die letzte Übernachtung gebuchte Hotel liegt direkt an der sichelförmigen Landzunge des Naturhafens von Messina. Nach ihr erhielt die Stadt ihren sikelischen Namen ,Zanklon’ und im frühen 8. Jh. v. Chr. dann von ihren Neugründern aus Kyme und Chalkis den griechischen Namen ,Ζάγκλη’.

   Nach einer Siesta fahren wir noch ein­mal nach Torre Fa­ro bei der Meerenge von Messina hinaus. Heute findet dort eine Kirchmesse statt, doch richtet sich das Hauptinteresse längere Zeit auf einen Waldbrand auf der an­de­ren Sei­te der Mee­resstraße. Fi­scher und wei­te­re An­woh­ner pro­te­stie­ren mit einem Plakat gegen die seit fast 20 Jahren geplante und jüngst von Ber­lus­co­ni in Auftrag gegebene Autobahnbrücke über die Mee­renge. PS. 2018: Ber­lus­co­nis Nachfolger Prodi ließ das Bauvorhaben 2006 wegen vordringlicherer Infrastrukturhilfen für Sizilien und auch wegen der mafiösen Unterwanderung des Bauwesens stoppen; Berlusconi stieß es nach seiner Wiederwahl 2008 neu an, scheint aber nach Ungültigkeitserklärungen der Bauverträge damit endgültig gescheitert zu sein.


In Messinas Innenstadt stoßen wir beim Erkundungsgang im Umkreis unseres Hotels ,Sant’ Elia’ auf die gotische Kirche ,Maria degli Alemanni’. Der Staufer Heinrich VI. hatte sie um 1195 bei Baumeistern des wenige Jahre zuvor ge­grün­de­ten Deutsch­rit­ter­or­dens in Auftrag gegeben und sein Sohn Friedrich II. sie um 1220 mit einem dazugehörigen Hospital für die deutschen Kreuzritter und Pilger fertigstellen lassen. Friedrich führte seinen eigenen 5. Kreuzzug von 1228-29 mit diesen Ordensrittern, musste aber von dem Hospital keinen Gebrauch machen, da er als einziger Kreuzzugsführer seinen Feldzug (durch einen Vertrag mit Sultan al-Kamil) unblutig beenden konnte.

   Nach dem Erdbeben von 1783 wurde die drei­schif­fi­ge Basilika schwer be­schä­digt und ein gutes Jahrhundert lang als Werkstatt und Magazin genutzt. Mittlerweile liegt sie unter Straßenniveau und steht nach langwieriger Re­stau­ra­ti­on seit 2001 für Ausstellungen und an­de­re Ver­an­staltungen zur Verfügung. Sie gilt als das einzig ver­blie­be­ne gotische Bauwerk Siziliens; von dem Hospital freilich exi­stie­ren nur noch Ruinenreste. Für uns beide ist sie heu­te Abend nicht zu­gänglich und macht über­haupt den schö­nen Eindruck, in ei­ner Art (Glas-)­Sar­ko­phag zu ruhen. So bewundern wir noch ihre reich mit Pflanzenornamenten und auch Kopfskulpturen verzierten Portalbögen, -pfei­ler und de­ren Kapitelle. – An ei­nem nah­ge­le­ge­nen Bou­le­vard essen wir vor einer Trat­to­ria zu Abend.

 

Die hohe kulturgeschichtliche Be­deu­tung der Stadt Messina glaube ich erst jetzt zu begreifen, nach den vielen Zeugnissen der Normannen-Herrscher und der ihnen nachfolgenden Stau­fer. Sie verstanden es, die arabisch-muslimische wie die jüdische Kultur zu würdigen und zu nutzen und sich zugleich gegen das machtbesessene römische Christentum auch mithilfe der griechisch-byzantinischen Tradition zur Wehr zu setzen. Schil­ler wuss­te bei der Ausarbeitung sei­ner ,Braut von Mes­si­na’ noch darum und schrieb am 10.3.1803 an Ch. G. Körner, daß die Handlung nach Messina versetzt ist, wo sich Christenthum, griechische Mythologie und Mahomedanismus wirklich begegnet und ver­mischt ha­ben”. Ebenso wusste Vol­taire um diese exemplarische Bedeutung auch im normannisch regierten Siracusa, wo im Jahre 1005 seine – von Goethe 1800 über­setz­te – Tra­gö­die ,Tan­cred’ (1760) spielt. Gleich Les­sings ,Na­than der Weise’ (1779) und des­sen „Ring”-Parabel bot sich dieses Sizilien auch Goethe und sei­nen Zeit­ge­nos­sen als eine mögliche neue Sym­bi­o­se zwi­schen den Kul­tu­ren an, ge­gen die unglaubwürdig ge­wor­de­nen to­ta­li­tä­ren Ex­klu­siv­an­sprü­che der Offenbarungsreligionen.

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