Quellen: www.utexas.edu/courses/medworld/Segesta_temple.JPG www.livius.org/a/italy/segesta/segesta_temple10.JPG www.antikefan.de/staetten/italien/sizilien/segesta/bilder/segesta_tempel_02.jpg
Do. 21.8.2003:
Wir
verlassen Erice und fahren in westlicher Richtung weiter, bis wir
nach einer knappen Stunde beim Tempel
von Segesta
erneut
Goethes sizilianische Reiseroute kreuzen. Gegenläufig zu der
unsrigen führte sie ihn an der Seite des Zeichners Ch. H. Kniep
und eines Reitknechts von Palermo über Segesta nach Agrigent,
Taormina und Messina. – Die antike Stadt Segesta befand sich einige
Kilometer südlich dieses Tempels an den Hängen des Monte
Barbaro und war wie Erice (Eryx), mit dem sie über 40 km hin noch
Sicht- und Signalkontakt hatte, ein Zentrum der Elymer
und hinzugekommenen griechischen
Siedler. Seit dem 6. Jh. v. Chr. lag Segesta im Streit mit dem gut 60
km entfernt an der Südküste Siziliens gelegenen Selinunt; nach
wechselnden Militärbündnissen wurde Segesta 307 v. Chr. durch den
syrakusischen Tyrannen Agathokles zum
ersten Mal zerstört (die männliche Bevölkerung ließ er wohl
großenteils umbringen) und nach dem baldigen Wiederaufbau nochmals
Mitte des 5. Jh. durch die Vandalen des Geiserich
verheert.
Obgleich
die Bevölkerung ionischer Abstammung war, wurde dieser
Ringhallentempel um 430/420 v. Chr. im dorischen Stil errichtet.
Womöglich dachte man schon daran, auf diese Weise das Wohlgefallen
der Athener zu gewinnen, die man 416/415 v. Chr. unter
Vorspiegelung eigenen Reichtums und reicher Beschenkungen gegen
Syrakus zur Hilfe rief; die Athener bevorzugten diesen Baustil ja
nicht nur für den Parthenon. Nach der Vernichtung
des athenischen Expeditionsheeres durch
Syrakus (413 v. Chr.) ließen die Segestaer den Tempel im Rohbau
stehen, ohne Dach und Cella, von der lediglich das Fundament
nachweisbar ist. Auch zeigen die Metopen im Fries und das
Giebeldreieck keinen weiteren Reliefschmuck. Die Säulen sind noch
von einer mehrere Zentimeter dicken Schutzschicht
überzogen, nach deren Entfernung erst die Kanneluren
eingearbeitet worden wären. Die den Transport und Bau erleichternden
Hebebossen hatte man an vielen Steinquadern
des Stufenbaus noch nicht abgeschlagen. Goethe
registrierte zudem das an manchen Stellen
unebene Niveau, besonders den in der Tempelmitte noch
höher stehenden „rohen Kalkfelsen”.
Und schrieb unter dem 20.4.1787:
„Die Lage des Tempels ist
sonderbar: am höchsten Ende eines weiten, langen Tales, auf einem
isolierten Hügel, aber doch noch von Klippen umgeben, sieht er über
viel Land in eine weite Ferne,
aber nur ein Eckchen Meer. …
Der Wind sauste in den Säulen wie in einem Walde, und Raubvögel
schwebten schreiend über dem Gebälke.”
Das
für Frau v. Stein geschriebene Tagebuch
schloss hier wie folgt:
„Wo
eine Stadt gelegen, ist keine Spur in der Nähe. ... und Raubvögel
schwebten schreyend über dem Gebälcke. Sie hatten wohl Jungen in
den Löchern.”
Auf
den ersten Blick wollte mir dieser Tempel wie ein Brudertempel des
ungefähr ein Jahrzehnt älteren dorischen ,Concordiatempels’
von Agrigent vorkommen. Er ist jedoch mit einer Grundfläche von 21 x 56 m (statt 17 x 39 m) bedeutend größer und anders
proportioniert.
- 17 -