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Modell der zentralen Gebäude des Asklepios-Heiligtums:
Links der Rundbau (die Tholos), vermutlich die symbolische Grabstätte des Asklepios und Heimstätte seiner Schlangen; dahinter das Neue Abaton (die Heilschlafhalle) und rechts davor der Asklepios-Tempel

Das Untergeschoß der Tholos nach ihrer Freilegung durch P. Panagiotis (ungefähr so lag das Gebäude noch 1997 vor uns);
darunter ein Foto von der um 2000 begonnenen partiellen Rekonstruktion der Tholos
und daneben eine Konstruktionszeichnung.

Quellen: http://broughttolife.sciencemuseum.org.uk/broughttolife/objects/display?id=4181 www.aeria.phil.uni-erlangen.de/photo_html/topographie/griechenland/epidauros/epida6.JPG   https://static.vici.org/cache/2272x1704-5/uploads/epidaurus_tholos_lvz.jpg

https://2.bp.blogspot.com/-PwR1BXMhqaI/WBgQD6GiNdI/AAAAAAAAArs/iYSCpUFIH5UkwCJmYrdMRkkLiduySMGCACLcB/s640/078.jpg


Apoll galt in spä­te­rer Zeit selber als Heilgott (vor allem der Kathartik und Fernheilung) und wird im Eid des Hippokrátes noch vor Asklepios als ,Apollon Iatros’ angerufen; auch erhielt er im Heiligtum von Epídauros ge­mein­sam mit Asklepios ei­nen Tem­pel und hatte ihm jeder Patient nach der kultischen Rei­ni­gung ein Opfer darzubringen. Als Heil­gott stand er jedoch schon bald im Ruhmesschatten seines Sohnes, dessen Kult sich seit dem späten 5. Jh. über den ge­sam­ten Mit­tel­meer­raum ver­brei­te­te und an die 300 Asklepieia um­fass­te, darunter in Athen, Per­ga­mon, Rom und auf Kos (Geburtsort des Mediziners Hippokrátes).

Nach Besichtigung des Theaters gehen wir auf gewundenem Weg zu den älteren Gebäuden des Asklepieion hinüber. Hier liegt das zweite architektonische Meisterwerk des Heiligtums, die wie das Theater Mitte des 4. Jh. v. Chr. von Polyklet d. Jüngeren erbaute Tholos oder Thymele. Dieser weithin aus weißem Marmor gefertigte Rundbau gibt bis heute Rätsel auf. Während das oberirdische Gebäudesegment, ein außen von 26 dorischen Tuffsäulen und innen von 14 schlankeren korinthischen Marmorsäulen umgebener Rundbau, überzeugend zu veranschaulichen und zu rekonstruieren war, bleibt die Funktion des Untergeschosses um­strit­ten. Man konnte es nur durch eine mit einer Steinplatte abgedeckten runden Öffnung betreten und hatte im dunklen Untergrund drei konzentrisch angeordnete Mauerringe zu durchlaufen, wobei jedes Mal die Rich­tung zu wechseln war: Eine labyrinthgleiche Konstruktion von chthonischer Magie. Man hat deshalb den Unterbau nach mythischem Vorbild als symbolischen Weg in den Hades mit der Grabstätte des As­kle­pi­os ge­deu­tet. Als dem Halbgott einst die Erweckung von Toten glückte und Hades sich darüber bei Zeus beschwerte, versenkte dieser Asklepios mit einem Blitzstrahl in den Boden; auf Drängen von Apollon hin wurde er zwar wie­der­be­lebt, durfte aber als Heilgott nur noch von der Unterwelt aus wirken. In seinen Epiphanien nahm er dann bevorzugt Schlangen- oder Eidechsengestalt an und wurde so oft auf Münzen ab­ge­bil­det.

   In frühen Zeugnissen wurde die Tholos auch als Opferstätte (,Thymele’) bezeichnet, womit ein (Boden-)Altar gemeint war, auf dem womöglich die dem Gott heiligen Schlangen geopfert wurden. Beide Be­deu­tun­gen von ‚Tholos’ träfen mithin auf dieses Gebäude zu, die architektonische Bezeichnung für ein rundes Kuppelgebäude und ebenso die speziellere für ein Kuppelgrab (mit Opferplatz), wie wir es in anderer Ge­stal­tung ge­stern in Mykéne kennenlernten.

   Die Tholos könnte nach Ansicht anderer allerdings auch ein Abaton gewesen sein, in dem die Kranken sich zum Heilschlaf niederlegten, oder ein Heroon des von Zeus Erschlagenem. Und auch für den Unterbau gab es weitere Erklärungsversuche, so deutete man ihn öfter als kammerartig unterteilte Behausung der Asklepiosschlangen. Die labyrinthische Konstruktion und den Bezug zur Unterwelt vertiefte Karl Kerényi in sei­nen Labyrinth-Studien, indem er den Unterbau als Nachbildung der dunklen verschlungenen Pfade des Hades mit dem Minos-Labyrinth von Knossos verknüpfte, das er als Archetyp des Schattenreiches oder To­des deu­te­te, aus dem einzig ein Theseus mithilfe einer Ariadne wieder ins Leben zurückfinden konnte. Mit dem labyrinthischen Unterbau der Tholos hätte man demnach der Wiedererstehung des vom Blitzschlag Ge­tö­te­ten ein ar­chi­tek­tonisch eigenwilliges Denkmal gesetzt. Im Nachtrag der 2. Auflage seiner Labyrinth-Studien zieht Kerény zu der Komplexität der Tholos das Fazit: Ein Rundbau mit labyrinthförmigem Un­ter­bau hat­te, eben­so wie die Schlange selbst, eine chthonische Beziehung. ... Der Oberbau war mehr oder weniger ein Abbild des himmlischen Kosmos.” (Zürich 1950, S. 63)

   Eine Zeitlang sehen wir zwei Bildhauern zu, die Marmorstücke für eine Restauration bearbeiten. Und nicht weit von der Tholos zeigt sich mir heu­te in ei­ner Mauerruine eine goldfarbene Echse.

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