wurde. Jetzt müssen wir umständlich nach dem hier gebuchten Crest-Hotel suchen und kommen an hunderten bescheidener Einzelhäuser oder Reihenhauszeilen vorbei. Die City selbst strahlt das kalte und freudlose Fluidum einer Arbeiterstadt aus. Be­lebt ist nur die eine oder andere Tanzbar mit hochhackig einherlaufenden, wie aus unseren falschen Fuffzigern herübergekom­menen Teenies.

Wir fahren sogleich zu der 1940 durch die deutsche Luftwaffe zerstörten Kathedrale St Michael‘s und dem daneben er­richteten Neubau der Kathedrale. Die Ruine kommt mir jetzt gegenüber 1961 aufgehübscht vor, was vielleicht an einer weiteren Be­sei­tigung von Trümmern liegt. An der Außenwand des 1958 eingeweihten neuen Kirchengebäudes hatte mich damals die Skulp­tur des Erzengels mit dem in Ketten zu seinen Füßen liegenden Satan stark beeindruckt (er stand für mich insgeheim für das be­siegte Nazi-Deutschland).

   Nach der Zerstörung der Kathedrale ließ ihr Propst zwei verbrannte Dachbalken zu einem Kreuz zusammensetzen. Die daraus entstandene weltweite „ökumenischen Nagelkreuzbewegung“ spendete 1988 der 1943 durch die Royal Air Force zerstörten Kai­ser-Wilhelm-Gedächtniskirche als Geste der Versöhnung eines ihrer Kreuze. – Kaum einen Kilometer neben der Kathedrale lag ein Flugmotorenwerk, das neben anderen Rüstungs- und Industriekomplexen im November 1940 Angriffsziel der deutschen Luftwaffe war; durch die Bombardements wurden bis 1941 über tausend Menschen getötet.

   Unweit der Kathedrale bekam ich 1961 eine Statue der Lady Godiva zu Gesicht. Im 11. Jh. hatte sie der Legende nach mit ih­rem adligen Ehemann einen Zwist über die Steuerlast der Bevölkerung; dieser verärgerte Earl of Mercia erklärte, die Steuern erst senken zu wol­len, wenn sie nackt durch Coventry ritte und alle Bürger ihre Fensterläden geschlossen hielten. Was sie dann auch tat, bedeckt nur von ihrem langen Haar. Der einzige Bürger, der es wagte, hinzublicken, erblindete und ging als „Peeping Tom“ in die (Film-)Geschichte ein.