Quellen: https://inthessaloniki.com/item/heptapyrgion-yedi-kule/ Google-Maps-Foto unter „Heptapýrgion
Thessaloníki” http://img.fotocommunity.com/photos/7387961.jpg
In
einem Kafénion unweit des Forum Romanum erblicken wir alte Männer
beim eifrigen Kartenspiel, während nebenan ein Bilderrahmenmacher
vor seinem Laden arbeitet und sich für jeden Handgriff
reichlich Zeit nimmt. Wir nehmen nun den Bus und fahren in die
verwinkelte alte
türkische Oberstadt (Ano Poli), die von dem großen
Stadtbrand des Jahres 1917 verschont blieb.
Etwas
oberhalb der Altstadt steigen wir aus, um uns den Heptapýrgion-Turm
anzusehen, diese
Zitadelle am höchsten Punkt der alten Stadtmauer. Die Mauer war Ende
des 4. Jh. von den Byzantinern auf den Relikten einer makedonischen
Befestigungsmauer errichtet und seit dem frühen 15. Jh. von den
Ottomanen verstärkt worden (streckenweise mit einer Doppelmauer).
Die unter den byzantinischen Kaisern angelegte Zitadelle wurde nach
der 1430 erfolgten türkischen (Wieder-)Eroberung der Stadt ebenfalls
modifiziert und verstärkt. Ihr türkischer Name war „Yedi
Kule” und hat wie „Heptapýrgion” die Bedeutung
„Siebenturm”-Festung. Beim Begehen der Zitadelle ist gut zu
erkennen, dass in die Befestigungsmauern und Türme viele antike
Relikte wie etwa Säulentrommeln und Kapitelle mehr oder minder
rücksichtsvoll verbaut wurden; überlegter ist man anscheinend bei
der Einfügung von Relikten mit griechischen und
lateinischer Beschriftung vorgegangen.
Seit
dem Ende des 19. Jh. diente die Festung nur noch als
Gefängnis und
wurde nach den Osmanen auch von der deutschen Wehrmacht sowie der
griechischen Militärdiktatur von 1967-74 genutzt. Schon 1947 wurde
hier der wegen Kriegsverbrechen verurteilte deutsche Unteroffizier
Friedrich Schubert durch ein Erschießungspeloton hingerichtet; er
hatte auf Kreta und in der Umgebung von Thessaloníki ein
sadistisches „Jagdkommando” geführt. Für die vielen im
Gefängnis Verstorbenen und Umgebrachten lag in unmittelbarer Nähe
dieser berüchtigten Zitadelle ein eigener Friedhof.
Beim
Gang durch einen der ehemaligen Gefängnistrakte kommen wir an Zellen
mit durchweg verrostetem Gestänge und Kettenschlössern vorbei; es
ist nicht mehr zu erkennen, ob diese Verrottung erst seit 1989 in
Gang kam. In den restaurierten Räumen hat neuerdings die Ephorie für
byzantinische Altertümer Platz gefunden, und für Ausstellungen und
Events aller Art stehen im Heptapýrgion größere Räumlichkeiten
zur Verfügung.
Von
südlichen Wehrgang aus hat man einen exzellenten Blick über die
Altstadt hin und noch weiter hinunter über die Rotunde bis hin zur
See mit dem Weißen Turm. Verlaufen die Straßenzüge der Unterstadt
überwiegend rechtwinklig, so sind die Sträßchen der Oberstadt
verwinkelt und enden oft in einer Sackgasse; ihre meist nur
zweistöckigen Häuser heben sich mit ihren roten Ziegeldächern
deutlich von den modernen und oft vielstöckigen Gebäuden drunten
ab.
Auf
Schlängelwegen, immer wieder an den Resten der gewaltigen Stadtmauer
entlang, gehen wir durch die Oberstadt zurück und lassen uns bei
einem Dorfbrunnen unter einer mächtigen Platane zum Café
frappé nieder. Danach suchen wir nach dem am Südrand der Oberstadt
gelegenen Geburtshaus
von „Atatürk”,
sehen aber – wen wundert’s – nirgendwo eine Ausschilderung
und müssen uns an unseren ungenauen Stadtplan halten. In der nahen
Umgebung beklagt sich soeben eine ältere Frau heftig über einen
Lastwagenfahrer, der beinahe ihre Hausumzäunung beschädigt hätte.
Als sie sich beruhigt hat, erkundige ich mich in englischer Sprache
knapp nach dem Haus von „Atatürk”. Die Frau errät bald unsere
Herkunft und führt das Gespräch im schwäbischen Deutsch weiter.
Und fragt, ob sie uns mit ihren beiden Enkeln begleiten könne, sie
selber sei nämlich noch nie in dem Haus gewesen. Unterwegs
erzählt sie uns, dass sie bald ihre deutsche Rente beziehe, denn
viele Jahre habe sie in den Stuttgarter „Salamander”-Werken
gearbeitet, ja, bei meinem Kindheitsfreund „Lurchi”.
Leider kenne sie so gut wie nichts vom übrigen Griechenland, wolle
aber auf keinen Fall in der „Betonwüste” Athen leben.
Das
als Museum eingerichtete Haus
liegt auf dem Gelände
des abgezäunten, von außen und innen gesicherten türkischen
Generalkonsulats. Um hineinzugelangen, habe ich über eine
Gegensprechanlage Minuten lang mit einer Amtsperson zu verhandeln.
Danach erscheint ein Soldat und lässt uns nach Vorlage meines Passes
und Angabe von Ruths Mädchennamen in den Hof des
Konsulatsgebäudes eintreten. Unsere schwäbisch sprechende Griechin
hat sich derweil mit ihren Enkeln schrittweise zurückgezogen und
ward nicht mehr gesehen. Ein kleiner ältlicher Türke von
schmaler hoher Kopffom tritt bald hinzu und geht uns mit raschem
Schritt zum Geburtshaus von „Atatürk” voran. Stumm – da nicht
gut Englisch sprechend – öffnet er Tür um Tür dieses
dreistöckigen Gebäudes.
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