Quellen:
www.hartmut-on-the-road.de/wp-content/uploads/2011/05/DSCN0270.jpg
https://finland.fi/wp-content/uploads/2015/05/2781-1780237_737464159632155_1462889104_o-jpg-700x377.jpg
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Am
Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel Turku/Åbo,
Finnlands älteste und über 600 Jahre hin bedeutendste Stadt, die
bis 1812 zugleich Landeshauptstadt war. Nach dem großen Stadtbrand
von 1821, der drei Viertel der Häuser vernichtete, wurde das von Zar
Alexander I. favorisierte und Russland nähere Helsinki endgültig
zur neuen Residenzstadt. – Den Mietwagen stellen wir im Innenhof
unseres Stadthotels ab und erkunden die übersichtliche Altstadt.
Gegenwärtig geschlossen ist die griechisch-orthodoxe Kirche, ein
erneut von Palladio inspirierter Bau von Carl-Ludwig
Engel,
hier gedrungener und statt mit jeweils sechs korinthischen
nur mit vier dorischen Säulen und Stützen ausgestattet; nach dem
Stadtbrand Turkus ließ Engel außerdem die Straßen
schachbrettförmig und damit relativ brandsicher anlegen. So
schlendern wir zur großen Markthalle hinüber, deren Stände
neben Bärenfleisch und heißer Rosinenwurst auch die bei uns kaum
bekannten Moltebeere anbieten.
Es
ist nicht weit bis zu der oft empfohlenen Museumsapotheke.
Die vorderen bürgerlichen Wohnzimmer dieses Holzhauses sind
überraschend geräumig; der später hinzugebaute Trakt mit dem
jetzigen Museum aus der Zeit um 1800 würde gewiss so manchen
Apotheker entzücken; wir können nur staunend all die Utensilien des
Laboratoriums und Sammlungen des Kräuterzimmers in Augenschein
nehmen.
Am
Ufer des Aura-Flusses entlang gehen wir auf Finnlands
ältesten Dom zu,
der sich seit 1300 jenseits des Flusses recht wehrhaft auf einem
Hügel erhebt. Der Backsteinbau birgt den Marmorsarkophag der Karin
(Catharina) Månsdotter,
die aus einfachsten Verhältnissen – Tochter eines Gefängniswärters
– als Kammerzofe an den Hof kam und mit 15 die Geliebte des
schwedischen Königs Erik XIV. wurde. Als dieser schon drei Monate
nach der offiziellen Vermählung den Thron verlor, wurde sie mit
ihren beiden Kindern in der Burg von Turku unter Hausarrest gestellt
und nach weiteren Irrwegen zuletzt als einzige schwedische Königin
hier in Finnland beigesetzt. Der Heidelberger Astronom Max Wolf, der
auch in Schweden studiert hatte, benannte 1916 den von ihm entdeckten
Asteroiden nach ihr. – In dem kleinen Park vor dem Dom lassen wir
uns eine Zeitlang unweit des Bronzestandbildes von Per
Brahe d. J. nieder,
dem nicht nur hier in Ehren gehaltenen schwedischen Statthalter in
Finnland, der 1640 die Akademie (Universität) von Turku gründete
und ihr langjähriger Kanzler war.
Manche
Ausschilderungen in Turku sind außer in Finnisch und Schwedisch noch
im regionalen Dialekt „Turun
murre” geschrieben,
so für die Fähre über den Aurajoki. Ansonsten werden in Finnland
die Orts- und Straßennamen auch in schwedischer Sprache angegeben,
was uns Deutschen und anderen Indoeuropäern vieles erleichtert.
Hinsichtlich „Turun murre” aber wäre denn doch das Bonmot des
Metallarbeiters Kalle Winter im 12. Kapitel von Brechts
,Flüchtlingsgesprächen’
zur
finnischen Schweigsamkeit um eine weitere Sprache zu erweitern: „Da
es eine gemischte Bevölkerung in zwei Sprachen ist, könnte man also
sagen: Das Volk schweigt in zwei Sprachen.” – Das Fernsehen
bringt Berichte und Spielfilme meist nur in finnischer Sprache;
mancher ausländische Film wie vorgestern einer aus der Krimiserie
,Der
Alte’ (mit
Siegfried Lowitz aus den 1970er Jahren) läuft im Originalton mit
finnischer Untertitelung. In Turku bekommen wir auch wieder einmal
die ,Deutsche Welle’ zu sehen, die abwechselnd in deutscher und
englischer Sprache sendet.
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