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Breslau/ Wroclaw, der Schweidnitzer Keller im Rathaus

Rechts weiß markiert: Der ungefähre Verlauf der ehemaligen Morgensternstraße
 (heute „Ulica Wróbla“)

 

Bildquellen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/94/2899viki_Stary_ratusz._Foto_Barbara_Maliszewska.jpg   Google Maps („Park generała Mariana Langiewicza“)


In Breslau, der ehemaligen Hauptstadt der preußischen Provinz Niederschlesien, umkreiseln wir auf der Suche nach dem gebuchten „Orbis-Pa­norama“-Hotel den einen oder anderen der sich hier verzweigenden Oderarme und finden es schließlich in der Nähe des Stadtkanals. Es ist ein wenig ansehnlicher, aber im den Innenräumen gepflegter Hotelkasten. Ich miete einen Stellplatz mit einer 24-Stunden-Bewachung; hinter jedem Auto ist eine kleine verschließbare Barriere (als Ruth in der Nacht hinausschaut, inspiziert ein Wächter sogar die Lücken zwischen den Fahr­zeugen.)

   Wir machen uns bald nach der Ankunft auf den Weg zu dem nur 15 Minuten entfernten spätgotisch drapierten Rathaus, in dem seit dem spä­ten 13. Jh. der Schweidtnitzer Keller untergebracht ist. Er wird soeben renoviert; Ruth weiß noch von ihren Eltern, dass hier der Zungenbrecher zu lesen war: „Wenn mancher Mann wüßte,/ wer mancher Mann wär',/ gäb mancher Mann manchem/ Mann manchmal mehr Ehr' ....“ Ich selbst erinnere mich an den stadtgeschichtlichen Bericht der einst in Breslau beheimateten Oberschülerin Karin Fries, die diesen „wunderlichen Spruch“ in unserer Schülerzeitschrift ‚Der Kreisel‘ (Nr. 3/1959) zitierte. Ihre Eltern waren in den späten 1950er Jahren manchmal in schlesischer Tracht zu sehen.

 

Der um den Gebäudekomplex mit dem Rathaus liegende „Große Ring“ wurde jüngst neu gepflastert, auch hat man schon viele der angrenzen­den Häuser restauriert. In einem Antiquariat finde ich eine Breslauer Stadtkarte aus der Zeit um 1900 und vergleiche sie mit dem heutigen Stadtplan; finde aber nicht die Morgensternstraße“, in der Ruths Familie vom Sommer 1942 bis Dezember ‘44 wohnte und mit dem letzten Zug aus Breslau flüchten konnte. Vermutlich wurde auch dieser Stadtteil im Februar 1945 während der Kämpfe der zur „Festung“ erklärten Stadt weithin zerstört. Die Straße selbst war nach dem Landschaftsmaler Carl Ernst Morgenstern benannt, der 1883 als Professor an die Kunstge­werbeschule Breslau berufen wurde und sich hier durch die Freilichtmalerei der Schule von Barbizon inspirieren ließ.

P.S.: 2022: Der Verlauf der damaligen „Morgensternstraße“ entspricht in etwa dem der heutigen „Ulica Wróbla“ („Sperlingstraße“); in dem danebenliegenden Friedhofspark „Park generała Mariana Langiewicza“ (einst "Gabitzer Park") sammelte Ruth mit ihren Geschwistern um 1943/44 Kastanien.

Beim Hinaustreten aus dem Antiquariat spricht mich ein polnischer Mann an und möchte wissen, ob ich an historischen Karten interessiert sei. Ruth hatte schon bemerkt, das zuvor ein Knabe beobachtete, für welche Materialien ich mich wohl interessierte.

 

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