Quellen: Google Maps http://commons.wikimedia.org/wiki/File:SilsMaria.Lac.jpg https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Nietzsche_Haus_SilsMaria.jpg
Fr. 25.5.07:
Heute machen wir uns auf die Suche nach Nietzsches Spuren in Sils-Maria und Umgebung. Den 80 km weiten Hinweg nehmen wir über den beinahe 2400 Meter hohen Flüela-Pass, der von kleineren und teilweise noch zugefrorenen Gletscher-Seen umgeben ist und im Winter wegen Lawinengefahr gesperrt wird. Die Serpentinenstraße hat viele ungesicherte Abschnitte; etliche unfallträchtige Stellen vor allem bei den Haarnadelkurven verraten sich noch an den rötlichen Öl-Bindemitteln. Nach einer Stunde erreichen wir das jenseitige Tal, das von dem hier magisch-grünlichen Wasser des Inn durchzogen wird – grünlich wie die Gebirgsfelsen der Umgebung. Bald kommen wir durch das kleinlich wirkende St. Moritz, wo ein Grandhotel mit Spielcasino Eindruck zu schinden sucht, und fahren entlang der Inn-Seenkette weiter bis Sils-Maria.
Sils hat sich seit unserem Besuch Mitte der 1980er Jahre sehr verändert. Damals war vieles grau in (berg-)grau, seitdem hat man so ziemlich alle Häuser ansehnlich aufgefrischt. Das Nietzschehaus in Sils-Maria, das der von seiner Basler Professur für klassische Philologie 1879 entpflichtete Philosoph zwischen 1881 und 1888 siebenmal im Sommer bewohnte, ist geschlossen und öffnet erst Mitte Juni (hier ein Blick ins Innere). Wir machen einen längeren Spazier- und Kraxelgang auf der von Nietzsche so geliebten Halbinsel Chasté, einer bewaldeten Landzunge im Silsersee. In einem Felsblock an der Zungenspitze hat der Silser Gemeindevorsteher Durisch, Nietzsches Hauswirt, in dessen Todesjahr 1900 eine Gedenktafel mit Versen aus dem 'Trunkenen Lied' des ‘Zarathustra' anbringen lassen:
„Oh Mensch, gieb Acht!/ Was spricht die tiefe Mitternacht?/ … Weh spricht: Vergeh!/ Doch alle Lust will Ewigkeit –, / Will tiefe, tiefe Ewigkeit!”.
Nietzsches Einfall einer Ewigen Wiederkehr des Gleichen, der ihm 1881 bei einem Felsblock nahe Surlej kam, verdankt sich wohl nicht zuletzt dieser Höhenlage, die „6000 Fuß jenseits von Mensch und Zeit” das Denken mitunter wunderlich beflügeln oder auch euphorisieren kann.
Den Hinweg zur Landspitze nahmen wir auf einem gewundenen Bergpfad an der Nordseite und kehren nun auf dem ebenen und wesentlich kürzeren Seeweg an der Südseite zurück. Vor unserem Mittagessen am Rande von Sils klärt uns die Kellnerin über die beiden Schlechtwetterrichtungen und dräuende „Quellwolken” auf. – Über Silvaplana, Surlej (‘Überm See’) und Wiesen fahren wir zurück nach Davos.
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