Quellen: https://c1.staticflickr.com/3/2855/10398758614_5df130220c_h.jpg http://alhamratour.blogspot.de/2014/11/the-hall-of-two-sisters-alhambra-of.html
Vorhin noch, im Saal der Abencerragen, glaubten wir mit der Gewölbekuppel den Höhepunkt maurischer Stalaktitenkunst gesehen zu haben. In dem ebenfalls von Muhammed V. erbauten „Saal der zwei Schwestern” werden wir nun eines Besseren belehrt. Diesen Name soll der Saal erst in der Neuzeit erhalten haben und sich auf die beiden mächtigen, einander stark ähnelnden Marmorplatten beziehen, die den kleinen Springbrunnen in der Saalmitte umfassen. Ein Gedicht von Ibn Zamrak, das als kalligraphisches Schriftband den Sockel der Saalwand in Augenhöhe ziert, stellt den Saal metaphorisch so vor:
„Ich bin der Garten, der mit Schönheit geschmückt in den Morgen des Tages eintritt .../
Und wie viele Bögen sind in seiner Kuppel,/ erhoben auf Säulen rund um die nachts die Lichter leuchten …/
Und du meinst sie wäre die Himmelssphäre, deren Bögen sich im Kreis drehen …/
Wenn sie von den Sonnenstrahlen erleuchtet werden, meinst du/ trotz Größe und Umfang sie wären aus Perlen …/
Und wir sahen keinen Garten von angenehmerer Frische,/ (und) duftenderen Hecken und süßeren Früchten”.
(S. 88f. der Übersetzung von Astrid Greußing)
Die Blicke der Bewunderung aller zieht die Stalaktitenkuppel des Saals auf sich, eine der prächtigsten und größten der islamischen Welt. Es ist ein riesiger, zu seinem Inneren hin mit abertausenden blauer Muqarnas-Zellen bekleideter achtzackiger Stern, der zu seinem Zentrum hin weitere Dekormuster entfaltet: Auf 16 kleine, durch ebenso viele Oberlichter erleuchtete Kuppeln folgt zuletzt ein dichtes Gespinst von Stern- und auch Blütenmustern. Wie in den Versen von Ibn Zamrak soll der Lichteinfall in bestimmten Stunden den Eindruck von kreisenden Sternen im Himmelsgewölbe vermitteln.
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Mittlerweile hat sich eine gewisse Abstumpfung oder auch Ermüdung bei uns eingestellt, hervorgerufen wohl gleichermaßen durch das Studium all dieser ausgeklügelten geometrischen Musterungen wie durch das Überladene und auch Eintönige so mancher Palastbauten und ihrer Ornamentik. In Berichten von Alhambra-Besuchern ist öfter vom „Horror vacui” zu lesen, der die Erbauer dazu getrieben hätte, an ihrem Werk kaum ein Fleckchen ohne Stuck- und Kacheldekor, Holzverkleidung oder Bemalung zu belassen.
Wir beschleunigen jetzt unsere Schritte, zumal uns noch die Gärten des Sommerpalastes Generalife jenseits des Sabika-Tals erwarten.
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