auch „Roter Palast” gedeutet wird. Rötlich war natürlich auch das Baumaterial für das Mauerwerk der Festung, ein seltenes Lehm-Sand-Gemisch aus dem Alhambrahügel. – Die Nasriden haben diese alte, 100 Meter hoch liegende und in Dreiecksform zugespitzte Wehranlage durch weitere Rote Türme verstärkt, und zwar zuerst durch die mächtige vierstöckige „Torre de la Vela” (Nr. 17). Auf diesen Wachtturm ließen die „Katholischen Könige” nach der Übergabe Granadas durch den letzten Emir Muhammad XII. Abu Abdallah (andalusisch „Boabdil”) am 2. Januar 1492 Banner und Kreuz setzen. Der Glockenturm, der dem Wachtturm erst im 17. Jh. aufgesetzt wurde, regulierte den Tagesrhythmus der Unterstadt und gab den Bauern die abendliche Schleusenzeit zur Bewässerung ihrer Äcker an; bis heute läutet man die Glocken außerdem am 2. Januar zum Gedenken an den Tag der Kapitulation. Wie andere Türme der Alhambra diente auch der Wachtturm später als Wohnturm.
Der seitlich vom Wachtturm liegende kleine maurische Verteidigungsturm (Nr. 18) wurde im 16. Jh. für die Artillerie ausgebaut und ist seitdem als „Pulverturm” bekannt. Marmortäfelchen an seiner Außenmauer zitieren die berühmten, den Anblick eines blinden Bettlers kommentierenden Verse des mexikanischen Literaten und Diplomaten Francisco Asís de Icaza:
„Dale limosna, mujer, „Gib ihm ein Almosen, Frau,
que no hay en la vida nada, denn es gibt im Leben
como la pena de ser keine schlimmere Strafe,
ciego en Granada” als in Granada blind zu sein.”
Zwischen dem Verbund der Roten Türmen liegt der Waffenplatz („Plaza de las Armas”, Nr. 16). Hier wohnten auch die Palastwachen mit ihren Familien; von den Soldatenunterkünften und Speichern blieben nur die Grundmauern erhalten. Ebenso hat man die Relikte einer Badeanlage konserviert, die aus der danebenliegenden großen Zisterne versorgt wurde sowie Teile eines unterirdischen Gefängnisses, das noch während der napoleonischen Besatzungszeit in Gebrauch war. Es lag gleich hinter dem Zugangsturm der Alcazaba und hatte wie andere Verliese der Alhambra die Form eines sich nach unten hin konisch erweiternden Flaschenhalses. Die Gefangenen, oft Lösegeldopfer, pflegte man in diesen Kerker hinabzuseilen; eine Wendeltreppe wurde erst im 20. Jh. hinzugefügt.
Für die Zisterne und die übrige Wasserversorgung der Alhambra erbauten schon die Nasriden in 6 km Entfernung ein Staubecken des hier hoch genug gelegenen Río Darro und führten das Wasser durch einen Kanal heran. Oberhalb der Sommerresidenz Generalife legten sie ein großes Reservoir an und zu seinem Schutz ein kleines Kastell („La Silla del Moro”), dessen restaurierte Ruine man noch besichtigen kann.
Wie Washington Irving im 3. Kapitel seiner ‚Erzählungen' berichtet, ließen die Franzosen weite Teile der Alhambra wieder in Stand setzen, sprengten aber bei ihrem Abzug 1812 alle Munitionslager in die Luft und zerstörten auch einige Türme an der Außenmauer.
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