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Oben: Sigmund Freuds Wartezimmer, das auch als Treffpunkt der „Mittwochsgesellschaft“ diente
Unten: Sigmund an der Seite seines Vaters Jacob; daneben das zur Praxis hochführende Treppenhaus




Oben: Der Prinz-Eugen-Prunksaal in der Nationalbibliothek Wien; im Vordergrund die Statue von Karl VI.
Darunter die Kapuzinergruft der Habsburger Familie

Bildquellen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b0/Wien_-_Sigmund-Freud-Museum%2C_Wartezimmer.  JPG/1280px-Wien_-_Sigmund-Freud-Museum%2C_Wartezimmer.JPG    https://artsandculture.google.com/asset/sigmund-freud-mit-seinem-vater/1QEhVcj4Wap7mg  https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fb/Freudsdoor.JPG   https://viennatouristinformation.com/wp-content/uploads/2020/09/Kaisergruft-Kapuzinergruft.jpg

 

Die. 12.8.86) Unsere erste Visite gilt Freuds ehemaliger Wohnung und Praxis in der Berggasse. Diese „Gasse“ ist eine breite Straße mit hohen Bürgerhäusern, und Nr. 19, wo Freud von 1891 bis 1938 wohnte und arbeitete, hat ein elegantes Treppenhaus vorzuweisen, das den Besucher zunächst in das Wartezimmer führt. An den Wänden hängen Stiche mit mythologischen Themen, Freuds Diplome sowie Fotografien aus dem Freundeskreis; auf dem Foto ist in der 2. Reihe links eine Reproduktion des Gemäldes ‚Der Nachtmahr‘ von J. H. Füssli zu erkennen. Die drei als Museum eingerichteten Zimmer sind übersät mit Fotos, Do­kumenten und archäologischen Schaustücken, so dass man sich nach einiger Zeit wie in Ali Babas Schatzhöhle vorkommen mag. Zudem belegen sie die Trif­tigkeit von Freuds Selbsteinschätzung, dass seine Tiefenpsychologie mit der archäologischen Grabungsarbeit verwandt sei. Jeder Besucher erhält ein Büch­lein mit durchnummerierten Erläuterungstexten mit auf den Weg, muss freilich bei einem für ihn interessanten Objekt jedesmal umständlich nachschlagen. Scherz­haft und leicht eitel Freuds hier im Druck zu lesende Frage an Wilhelm Fliess, ob ihm vielleicht im Bellevue-Park ein Denkmal für die dortige Initial­zündung zu seine Traumdeutung zu errichten wäre (tatsächlich hat er ein solches 1977 auf der Bellevue-Wiese durch die Sigmund-Freud-Gesellschaft erhal­ten). Nur gut übrigens, dass man für das Behandlungszimmer nicht versucht hat, eine Replik seiner 1938 mit ihm ins englische Exil gegangenen Analyse-Couch anzufertigen.

 

Wir fahren danach zu der am Heldenplatz gelegenen Nationalbibliothek. Im abscheulichen Prinz-Eugen-Prunksaal erwarten uns turmhohe goldbraune Bücher­wände, die allenfalls mit Eroberungsleitern zu erstürmen wären. Interessant hingegen die Papyrussammlung mit Hieroglyphen und vielen ägyptischen und griechischen Verwaltungstexten in Ton oder Schiefer; auch Ostraka-Tonscherben sind hier zu sehen. Auf der Suche nach Personen-Registern verirren wir uns in ein Nebengebäude und fahren mit Magazin-Fahrstühlen an kafkaesk verwinkelten Treppenschächten entlang. Der Hauptlesesaal ist bar jeder Pracht, ja man sitzt hier wie in einem langen Eisenbahnabteil und zum Teil einander gegenüber. Die Bestände sind entsprechend dürftig (Goethe-Ausgaben nur aus dem 20. Jh. und kein Titel des Wienbesuchers August Klingemann). Leserkarten werden zwar in Sekunden ausgestellt, aber erst am nächsten Morgen kann man mit der Lektüre beginnen! Wegen der Bücher des Braunschweiger Theaterdirektors Klingemann werde ich auf die Theaterabteilung um die Ecke verwiesen, die aber heute wie am Dienstag jeder 2. Woche geschlossen ist.

   Draußen prasseln entsetzliche Regengüsse, vor denen wir in einem Café am Josefsplatz Zuflucht suchen. Dann machen wir uns auf den Weg zur Kapuzi­nergruft, der Familiengrabstätte der Habsburger. Und haben bald genug von all den Prunksarkophagen, speziell denen aus Blei, die möglicherweise von der Zinnpest befallen wurden und nur mit Schutzhandschuhen restauriert werden dürfen. P.S.: Um 2003 konnte man die Zinnpest als Ursache ausschließen, viel­mehr lag es an der zu hohen Luftfeuchtigkeit, gegen die dann eine Klimaanlage installiert wurde. – Gern hätten wir noch das „Theater an der Wien“ besucht, das einst neben Beethovens Fidelio' auch Stücke von Klingemann aufführte, doch spielt man dort heute das Musical Cats'.


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