Quellen: ‘Paris, Texas’ (DVD Arthaus 2005, 1:29:53 und 1:31:28) www.pbase.com/artichoke/image/82603687/original
Für
mein Buch über die hermetische Filmsprache von Wim Wenders halte ich
in Houston erneut nach den odysseischen Spuren von Travis und Hunter
Ausschau. Hier nämlich spannt sich ein kryptischer Erzählstrang
wischen den beiden von Ieoh Ming Pei entworfenen Gebäuden der
Drive-In-Bank
und
dem nur einige Fußminuten über die ‘Travis
Street’
(benannt
nach dem militärischen Hauptverteidiger von Alamo) zu
erreichenden „Texas
Commerce Tower”
(heute
„JPMorgan
Chase Tower”).
Die Spitze dieses mit 305 m immer noch höchsten Gebäudes von Texas
rückt Wenders unmittelbar vor dem Wiederauffinden der neuen Penelope
Jane in
einer
Gloriole von Lichtpfeilen
ins
Bild. Nach meiner tiefenhermeneutischen Interpretation des Films
symbolisiert die Gloriole weit dramatischer als einige andere
kryptische Pfeil-, Flug- und Falkensymbole in ‘Paris,
Texas’ die
Pfeile des Lichtgottes Phöbos Apollon, der als Sühnegott
Odysseus (Travis) verfolgt und zur Entsühnung verhilft.
Houstons Innenstadt
hinterlässt uns einen eher guten ersten Eindruck, doch können wir
uns nach einem nur mehrstündigen Besuch noch kein eigentliches
Urteil erlauben. Wim Wenders bemerkt in seinem Buch ‘Einmal.
Bilder und Geschichten’:
„Ich
konnte mich in Houston nie des Eindrucks erwehren, auf einer
gigantischen Spielwiese zu wohnen, einer großen Lego-Stadt,
deren Türme alle nur zum Spaß
aufgebaut waren, um alle möglichen Formen von Hochhäusern in allen
möglichen Farben auszuprobieren” (2. Auflage 1995
Frankfurt/Main, S. 210). Auch scheinen die Besitzer der Gebäude hier
rascher als irgendwo sonst zu wechseln, unter dem ursprünglichen
Namen jedenfalls findet man kaum eines wieder. Was zwar verständlich,
aber bedauerlich ist, da es doch das bleibende Verdienst der
Auftraggeber war, einen solch außergewöhnlichen Architekten wie Pei
für sich und die Stadt zu gewinnen.
Gleich
unterhalb des schönen Sam-Houston-Parks steht zwischen
Hochhaus-Giganten das
anrührende Kirchlein,
das Wenders auf der Motivsuche für ‘Paris,
Texas’ fotografiert
hat (‘Written
in the West’,
München 1987, Photo Nr. 52). Errichtet wurde das Backsteingebäude
dieser Antioch-Gemeinde 1875 von schwarzen Baptisten nach ihrer
Befreiung vom Sklavenstatus unter Beihilfe deutschstämmiger
Baptisten und blieb bis heute der Mittelpunkt der sich
emanzipierenden afroamerikanischen Bevölkerung Houstons.
Von
Ortsfremden zu Recht gefürchtet ist die eigenwillige bis miserable
Ausschilderung dieser texanischen Ölmetropole. Auf der Rückfahrt zu
unserem Hotel in Uptown ist die Westheimer Road, eine der
Hauptarterien von Houston, mehrmals durch den Feierabendverkehr
verstopft.
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