Nach
dem Frühstück auf der hübschen Parkterrasse des Hotels fahren wir
mit dem Gepäck ins Zentrum von Pátras und stellen den Mietwagen in
einer bewachten Garage ab. In der Nähe des Platzes Psilalonia,
bei dem vermutlich das römische Forum lag, betrachten wir entzückt
eine Tausendschaft handwerklich-technischer Utensilien, die ein
Eisenwarengeschäft in seinen Auslagen, in Hochregalen und
Spezialschubladen führt, darunter Dinge, die bei uns zuletzt in
den 1950er Jahren zu sehen waren.
Wir
haben noch die Zeit, uns die Kathedrale
Ágios Andréas
anzuschauen,
die dem um 60 n. Chr. in Pátras gekreuzigten Apostel gewidmet ist.
Mit dem Bau der lichten neobyzantinischen Basilika begann man 1908,
eingeweiht wurde sie jedoch erst 1974. In einer Seitenkapelle werden
als Reliquien vermeintliche Überreste seines Andreaskreuzes und ein
Schädelfragment vorgewiesen, das während des Vierten
Kreuzzuges von Konstantinopel nach Rom verschleppt worden war und
1964 als Akt der Aussöhnung zwischen römisch-katholischer und
griechisch-orthodoxer Kirche von Papst Pius VI. rückerstattet
wurde. Andreas gilt als der für die Ostkirche bedeutendste
Apostel und ist Patron von Patras, Russland und auch etwa der
römisch-katholischen Kirche von Schottland.
Die
Wände und Kuppeln der Basilika hat Iannis Karoussos überreich mit
Fresken im neobyzantinischen Stil ausgemalt, darunter eine
Darstellung der Lebensstationen des Apostels. Am Andreaskreuz wird er
hier wie auch sonst nicht mit dem Kopf nach unten abgebildet, sondern
durchweg erhobenen Hauptes; zumal Andreas der Legende nach noch zwei
Tage lang vom Kreuz herab gepredigt haben soll. Dass sein Bruder
Petrus auf Gemälden öfter mit dem Kopf nach unten am Kreuz hängt,
wurde offenbar durch die Form des Petruskreuzes mit dem nach unten
gekehrten Querbalken nahegelegt.
*
Nach
einer kleineren Querele bei der Rückgabe des Mietwagens fliegen wir
mit Olympic-Airways
von Pátras-Áraxos zurück nach München. Die 1957 von Onassis
gegründete Fluggesellschaft fügte für ihr Logo mit den fünf
Olympischen Ringen nach Einspruch des Olympischen Komitees einen
sechsten Ring hinzu und verzichtete auf die olympischen
Kontinentfarben Grün und Schwarz; genau genommen befinden
sich im geänderten Logo zwei Halbringe, sodass die olympische
Symbolzahl klandestin fortbesteht, das Ganze aber etwas von Jonglier-
oder Zaubertrickringen angenommen hat. Im Übrigen nimmt die
Fluglinie an einem Werbeprogramm zugunsten von Athen als
Austragungsort der Olympischen Spiele 2004 teil (Athen wird
tatsächlich Wochen später den Zuschlag erhalten).
An
Bord stolpert eine Stewardess und schüttet der Sitznachbarin von
Ruth ein Getränk über die helle Hose. Die schon merklich
angetrunkene Frau erstarrt und beginnt nach dieser Schrecksekunde
wild zu lachen. Sie wird von der Stewardess vor die Alternative eines
finanziellen Schadensersatzes oder eine Flasche Champagner gestellt –
und wählt die Flasche. Über den Ostalpen bestaunen wir eine uns
unbekannte Eiswolkenbildung, eine aus der Tiefe bis zu
uns hin hochgewirbelte Cirrusformation (Cirrus fibratus oder
uncinus?).