Bildquellen:
Google Maps https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/49/Schillerhaus_Menckestrasse_Leipzig_2009.jpg https://travelnating.com/wp-content/uploads/2021/06/Posttor-Wurzen.jpg www.architektur-blicklicht.de/bilder/wurzen-¬mulde-sachsen-landkreis-leipzig-postmeilensaeule-e1405966445794.jpg
Viele
Gebäude in Leipzig sind also schon oder werden soeben renoviert. Und
nicht nur solche, die unter Denkmalschutz stehen oder in denen
städtische Behörden wie das Kulturamt sitzen, sondern auch normale
Wohnhäuser.
In
der Nähe des „Arabischen Coffe Baums“ kamen wir an einem
einladenden alten Restaurant vorbei; als wir es eine halbe Stunde
später aufsuchen, sind mittlerweile alle Plätze besetzt oder
reserviert. So essen wir in einem ansprechend aufgemachten
italienischen Restaurant, das aber nur wenige Kunden hat. Die Preise
ab 15 DM für Pizzen oder für unsere Mies- und Jakobsmuscheln
mit Spaghetti zu 25 DM scheinen in diesen Nachwendejahren noch
entschieden zu teuer zu sein. – In unserer Hotelbar bestelle ich
für Ruth Crème de Cassis und für mich Leipziger Bier. Im
Hintergrund sind einige laut sprechende westdeutsche Monteure zu
vernehmen.
So.
22.10.95) Den Frühstückssaal beherrschen heute mehrere Grüppchen
norddeutscher Handelsreisender und Monteure; ungeniert reden sie über
mehrere Tische hinweg über ihre gestrigen Besäufnisse und
Spielbankbesuche, kommentieren auch das jüngst in Leipzig mit einer
Milliarde DM erbaute „Quelle“-Versandzentrum <P.S.: Es wird
2009/10 mit dem Mutterhaus Karstadt in die Insolvenz gehen.>
Wir
brechen mit dem Auto zu einer Rundtour in die nähere und weitere
Umgebung von Leipzig auf. Zunächst fahren wir zu dem von unseren
Reiseführern stark empfohlenen Stadtteil Gohlis.
Hier kommen wir bald durch einen Bezirk, dessen reizend
dörflicher Charakter Ruth an ihre Aufenthalte in Luckenwalde
erinnert. Und
sehen uns auch das Gebäude an, ein ehemaliges Bauernhaus,
in dem Schiller 1785 das später von Beethoven vertonte Gedicht ‚An
die Freude‘ schrieb.
Das Gohliser
Schlösschen jedoch,
in dem wir das Deckengemälde ‚Der
Lebensweg der Psyche‘ von
Goethes Zeichenlehrer Oeser besichtigen wollten, ist ein andermal
wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.
Wir
fahren nun in östlicher Richtung weiter und erreichen nach gut 20 km
die Ortschaft
Machern.
Eine gute Stunde lang durchwandern wir Sachsen größten, gegen Ende
des 18. Jh. angelegten Englischen Landschaftspark, auf
Schlängelwegen vorbei an einem Hygieia-Tempel, einer Grabpyramide
mit Löwenwächtern und der künstlichen Ruine einer hohen
Ritterburg, die einen Geheimzugang mit dem freimaurerischen
Motto „Aus dem Dunkel zum Licht“ aufweist.
Kaum
eine Viertelstunde später machen wir in Wurzen
Halt. Das
Ringelnatz-Museum – wie auch anders – ist geschlossen; von seinem
irrsinnigen Lebensweg erfuhr ich erst als Student, doch schon in der
Kindheit lernte ich das eine oder andere seiner aufmüpfigen Gedichte
für Kinder schätzen. In Wurzen und Umgebung überraschen uns
Nebenfunde wie das barocke Tor der Poststation mit dem
kursächsichen Wappen Augusts des Starken und außerdem eine alte
Post-Distanzsäule, die für die ungefähr 90 km bis Dresden 18
Stunden veranschlagt (zur
Festsetzung der Postgebühren wurden Entfernung und Gehzeiten in die
Säule eingeschlagen). Wiederholt
ärgern mich die viel zu spärlichen Ausschilderungen; mit den
Ortsschildern und Pfeilwegweisern sieht es zwar erheblich besser aus
als bei unserem letzten DDR-Besuch von 1987, als aus militärischen
Gründen noch vielen Falschangaben vorlagen, doch hat man sich wohl
noch nicht auf die Bedürfnisse von Touristen wie unsereins
eingestellt. Die Passanten freilich geben bereitwillig Auskunft, so
herzlich macht es einmal eine ältere Frau, dass sie sich dabei immer
wieder an Ruths Arm klammert.
-
2 -