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Raymond Chandlers Hammett-Hommage (02:05)

Wenders’ Zugang zu Dashiell Hammett

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Zu Beginn seines Filmprojekts vertiefte sich Wim Wenders in Hammetts schriftstellerische Entwicklung. Er nahm sich besonders sein Lieb­lings­buch ,Rote Ernte’ (1929) vor und ver­glich Hammetts ursprüngliche, in mehreren Fortsetzungen im ,Black-Mask’-Magazin er­schie­ne­ne Fas­sung mit deren Überarbeitung, die daraus allererst eine große zusammenhängende Erzählung machte. Durch diesen Satz für Satz durch­ge­führ­ten Vergleich habe er Hammetts Arbeitsweise begriffen und sich auf den eigenen Film vorbereitet. Allerdings muss­te der Film sich auf die­se Wei­se von dem als Arbeitsgrundlage von Cop­pola vorgegebenen Hammett-Roman Joe Gores' ent­fer­nen. „Ich woll­te ei­nen Men­schen zei­gen, der De­tektiv gewesen war und aufgrund seiner Krankheit mit dem Schreiben beginnt, sich ei­nen Stil an­ei­gnet, Schrift­stel­ler wird durch die Be­schrei­bung einer Arbeit, die er aus eigenem Erleben kennt und woraus er Li­te­ra­tur macht ... Fran­cis Cop­po­la hat wohl mei­ne Vor­stel­lungen ge­teilt, aber er war Produ­zent für ORION, und das Studio erwartete einen Ac­tion­film.2)

   Das klingt ein wenig resigniert und wurde zusammen mit anderen Äußerungen von Wen­­ders sogar als schritt­wei­ser Rückzug aus der ei­ge­nen künstlerischen Phantasie und Ver­ant­wor­tung aufgefasst. Wunderlicherweise hat­te Ham­mett einst dasselbe Pro­blem. In dem Ham­mett ge­wid­me­ten, von Coppola herausgegebenen Magazin ,Ci­ty of San Fran­cis­co’, das Wenders sehr inspirierte, erwähnt Ham­metts Frau Jo­se die fol­gen­den Zu­mutungen, mit de­nen der Schriftsteller in seinem Anfängen fertigzuwerden hat­te: „When he start­ed to write he used to get these let­ters: ,more ac­tion, more ac­tion.’ He was kind of upset about that. They told him if he’d only do so-­and- so he could make a lot of mo­ney”.3)


Die innere Entwicklung Hammetts zum Schriftsteller hat Wenders in der offiziellen, nicht-kryptischen Filmhandlung nur andeuten kön­nen. So treibt die Suche nach dem in Chinatown entwendeten Manuskript Hammetts Erinnerungsflashs dank filmischer Mittel wie Über­blen­dung und Insert längere Zeit weiter voran. Auch verwandeln sich die Charaktere des soeben erlebten Kriminalfalls am Ende in die Handlungsträger der neugeschriebenen Krimiversion. Diese Durchdringung und Aneignung der Wirklichkeit durch Hammetts fieberhaft kombinierendes Phantasiespiel lässt sich nur in der kryptischen Dimension der Filmsprache stilistisch genauer verfolgen. Und macht so die andere Erklärung von Wenders verständlicher, dass es ihm nämlich darum zu tun war, bis zum Ende des Films eine Balance für mich zu finden zwischen der reinen Kriminalhandlung und der Geschichte dieses Schriftstellers, der anfängt, die Wirklichkeit ein wenig mit sei­ner ei­ge­nen Fiktion zu verwechseln”.4)

   Es sind dies vor allem zwei magisch mit Hammetts „Underwood”-Schreibmaschine verknüpfte Leitmotive, die alles Dargestellte, inclusive der Action-Szenen, permanent mit der Phantasie des angehenden großen Schriftstellers in Verbindung halten: das Action-Motiv der geraubten Perlen und das filmisch-literarische der Dominanz von Streifenmustern, die von Hammetts Schreibmaschinen-Zeilen ausgehen. Letztere Muster kommen besonders als vielfältig variierte Licht- und Schattenstreifen vor Augen. Beide wie beiläufig inszenierten Leitmotive spiegeln Fiktion und Realität derart halluzinatorisch ineinander, dass es nur folgerichtig ist, wenn die anfänglich fiktive Szenerie in den Docks von Fisherman’s Wharf am Ende als realer Schauplatz wiederersteht. Und so dringt denn auch die traditionelle Schlussformel „THE END”, die ja eigentlich jedem Film im Nachhinein aufgestempelt wird, diesmal noch aus dem Filminnern selbst hervor, da Hammett sie mit seiner „Underwood” unter den soeben fertig gewordenen neuen Krimi gesetzt hat. Dieses Ende signalisiert eine literarisch-künst­le­ri­sche Neugeburt. Seine Negativform ist das Ende für Wenders’ Parallelfilm ,Der Stand der Dinge’5). Dessen Schlussbild, das Erstarren des Bildflusses in Munros Super-8-Kamera, bezeichnet sowohl das gebrochene Auge des erschossenen Regisseurs als auch das Ende ei­nes bestimmten, in die eigenen Bilder vernarrten Filmstils.

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