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VI GERMANISTICA





Oben: Das umgebaute Minarett „La Gi­ral­da”, die Giraldillo-Figur und ihr antikes Vorbild (Kupfer von M. Raimondi, um1525)

Links: Das Grabmal des Cristoforo Colombo in Sevillas Kathedrale.
Zur Seite ein Wandgemälde mit seinem Namenspatron Christophorus
Bildquellen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cb/Tomb_of_Christopher_Columbus_in_Seville%2C_Spain_1.jpg/800px-Tomb_of_Christopher_Columbus_in_Seville%2C_Spain_1.jpg www.pasaporteblog.com/la-giralda-sevilla-mezquita-o-catedral/#.V4yypqKgJ8E    http://giraldillo.net/wp-content/uploads/2014/12/giraldillo-1.jpg   www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/RP-P-OB-11.956

Nach dem ersten Rundblick reihen auch wir uns bei denen ein, die auf einer kleinen Bretterrampe seitlich von Kolumbus’ Grabmal hochsteigen. Der Sarkophag wird von vier ge­krönten Figuren getragen, die Spaniens vier ehemalige Königreiche verkörpern. Er enthält nur wenige Skelettreste, denn der Leichnam des in Valladolid Verstorbenen hat eben­falls etliche Seereisen oder Irrfahrten hinter sich, wurde einige Jahre nach Kolumbus' Tod nach Sevilla überführt, 1596 nach Santo Domingo, drei Jahrhunderte später nach Ha­van­na und Ende des 19. Jh. wieder zurück nach Sevilla. Dabei scheint also wiederholt Körpersubstanz verlorengegangen zu sein. Ein zum diesjährigen 500. Todestag (2006) per DNA-Abgleich mit der DNA des Bruders und Sohnes von Kolumbus hat wohl den Nachweis erbracht, dass der Schrein in dem Sarkophag tatsächlich Überreste des Seefahrers ent­hält. Die meisten Skelettfragmente aber sind wahrscheinlich auf Santo Domingo verblieben, in dessen Kathedrale man 1887 einen mit seinem Namen beschrifteten Bleikasten mit Knochenresten fand; schon 1992 wurden sie in dem zum 500. Jahrestag der Entdeckung der Karibikinseln eigens erbauten Faro de Colón beigesetzt. Eine DNA-Analyse nach spa­nischem Vorbild steht jedoch noch aus.


Der Prunk auch in den Seitenkapellen der Kathedrale lässt unsereins bald verdrießlich werden. So erklimmen wir denn lieber mit kurzen Verweilpausen den Glockenturm La Gi­ralda und werden mit den versprochenen Panorama-Blicken auf Sevilla belohnt. Auch dieser Backsteinturm war wie so oft in Andalusien ursprünglich ein Minarett und hatte sein Vorbild in dem Minarett der Koutoubia-Moschee von Marrakech. Anstelle von Stufen führt hier eine breite und hohe Rampe hinauf, was man sich heute gern so erklärt, dass zur Verkündung hochaktueller Nachrichten Reiter nach oben zum Muezzin geschickt wurden. Es dürfte freilich so gewesen sein, dass man Pferde und auch Esel nur zum Bau des sei­nerzeit höchsten Gebäudes Europas einsetzte. Namensgeberin des Turms ist die seit 1568 auf der Spitze thronende weibliche Bronzestatue Giraldillo mit der im Winde sich dre­hen­den Wetterfahne in ihrer Rechten. Wie man weiß, ist die Figur eine christliche Adaption der Pallas Athene von Marcantonio Raimondi, die ebenfalls auf der Weltkugel steht. Der Medusa-Schild der Göttin wurde sinnigerweise zu der halb-oval geformten Windfahne umgestaltet.


In der Nähe der Kathedrale streckt eine ältere Gitana Ruth ein Myrtenzweiglein entgegen und hält sogleich, als diese freudig zugreift, ihre Hand fest und beginnt daraus zu lesen („Love ... love ... love”). Unwillig beende ich sogleich das raffinierte Trickspielchen trotz seiner engen Beziehung zu Bizets Carmen  mit einer Münze, woraufhin die Frau protestie­rend ein weiteres Geldstück verlangt, aber nicht erhält. Beim Durchstreifen der Innenstadt kommen wir wiederholt an Tiefbaustellen vorbei, die anscheinend durch archäo­lo­gische Notgrabungen blockiert sind. <Postskript 2015: Es handelte sich hierbei vermutlich um Funde aus der Zeit der vorrömischen punischen Handelsstädte, die entlang dem Gua­dalquivir angelegt wurden.> – Zuletzt probieren wir in einer Cafetería zum Kaffee einige andalusische Tapas.


Wieder in Carmona angekommen, lassen wir uns ein weiteres Mal zum Sherry an dem belebten Rathausplatz nieder. Und beobachten beim kleinen Abendessen im Parador ein heraufziehendes Unwetter, das spät in der Nacht an unseren Fensterläden rütteln wird.


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