Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
China Okt. 2011
Finnland Sept. 08
Andalusien Sept. 06
Kreta Aug. 05
Sizilien Aug. 03
Griechenland Aug. 01
Lissabon/Sintra 99
Ithaka 1997
Peloponnes 1997
Irland 1996
Schottland 1993
Rom bis Tivoli 1989
USA: 1980+1990+2000
KURZREISEN/TRIPS:
Marrakech 2015
Davos/Sils 2007
Leipzig Oktober 1995
Prag 2006 und 1987
Dresden, Breslau1997
Zentralspanien 1988
Wien, Budapest 1986
DDR (1987)
Mittelengland 1985
Trampfahrt 1963
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA



Suzhou, "Garten des Meisters der Netze"; Orientierungstafel im Eingangsbereich der Anlage (Durchnummerierung von mir)



"Garten des Meisters der Netze", Haupthalle (Nr. 3)
Bildquellen: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/9/90/2004_0927-Suzhou_MasterOfNetGarden_PaintedMap.jpg  http://chinatravelgo.com/suzhou-travel-master-of-nets-garden/

11. Tag, Sa. 22.10.11:

Nach den großen kaiserlichen Palastgärten und Gartenanlagen lernen wir nun zwei chinesische Privatgärten kennen. Dass Souzhou als Ursprungsort dieser Gartenkunst gilt, wird unter anderem durch die zahlreichen Wasserläufe, die Pflanzenvielfalt sowie die hiesigen Steinbrüche und Felsen im angrenzenden flachen Taihu-See erklärt. Die aus diesen Hauptingredienzen komponierten Gärten gewannen im Laufe der Jahrhunderte idealtypische Bedeutung für die (süd-)chinesischen Gartenanlagen. Bescheiden in den Ausmaßen, bieten sie doch mit ihren ver­winkelten, durch kleine Innenhöfe führenden Gangsystemen und mit vielen optisch kalkulierten Durchblicken ein unerwartet reiches ästhetisches Gesamtbild; und sollen überdies eine Art Mikrokosmos der naturhaften und geistigen Weltbezüge des Menschen darstellen.

   In der Regel werden diese Gärten von hohen, den Rückzugscharakter aus dem öffentlichen Leben betonenden Mauern umfasst. Denn ihre Besitzer und Gestalter waren meist wohlha­bende Pensionäre und im besonderen hohe chinesische Staatsbeamte. Mit diesen "Mandarinen" hat sich Goethes lyrisches Ich in dem Gedichtzyklus 'Chinesisch - Deutsche Jahres- und Ta­geszeiten' (1827) wie folgt identifiziert:

                                                                             Sag', was könnt' uns Mandarinen,/ Satt zu herrschen, müd zu dienen,
                                                                                Sag', was könnt' uns übrigbleiben,/ Als in solchen Frühlingstagen
                                                                                Uns des Nordens zu entschlagen/ Und am Wasser und im Grünen
                                                                                Fröhlich trinken, geistig schreiben,/ Schal' auf Schale, Zug in Zügen?

Mit der Absage an den "Norden" ist der Rückzug aus den Diensten in Beijing ("Nördliche Hauptstadt") gemeint, um sich stattdessen etwa an den abseits gelegenen Kunming-See zur Erho­lung, Muße und geistigen Beschäftigung zurückzuziehen. Für den dichtenden und forschenden Staatsminister Goethe wurde sein altes Gartenhaus im Ilmpark zu einem solchen Refugium.


Der von uns zuerst besuchte "Garten des Meisters der Netze" (Wangshi Yuan) wurde Mitte des 12. Jh. unter den Namen "Halle der Zehntausend Bücherrollen" von einem hohen Beamten des Kriegsministeriums angelegt und nach allmählichem Verfall Ende des 18. Jh. von einem anderen Mandarin wiedererbaut und erweitert. In Anspielung auf einen sagenhaften chinesi­schen Fischer gab er der Anlage den neuen Namen, wollte er doch seinem bisherigen Hofleben die karge Lebensweise eines Fischermeisters den Vorzug geben. In einem ähnlichen Le­bensgefühl verklärten damals viele europäische Intellektuelle die Existenz eines Landwirts und versuchten sich gar wie Goethe zeitweise an der Bewirtschaftung eines bescheidenen Land­guts. Mit nur 5400 qm ist dieser Garten der kleinste der in Suzhou erhaltenen "Literatengärten". Um den nahezu rechteckigen Seerosenteich lagern sich mehr als 20 Gebäude und (Stein-)Gärten, die von den wechselnden Besitzern sukzessive ergänzt wurden. Die wohlklingenden Benennungen der vergleichsweise kleinen Bauwerke und Szenerien unterscheiden sich kaum von denen für die kaiserlichen Gärten und spielen wie diese öfter auf beliebte Gedichte an.


Da die (Internet-)Informationen über diesen Literatengarten ungewöhnlich verworren und fehlerreich sind, beginne ich am besten mit einem Überblick über die Namen und Funktionen der von mir nummerierten Gebäude:

   Der Hauptzugang zu der Anlage befindet sich im Südosten (Nr. 1). In der Eingangshalle (2) wurden einst die Sänften abgestellt und warteten die Diener des Hauses auf ihren Einsatz; ei­ne dieser Sänften steht nun unweit der oben abgebildeten Orientierungstafel. Danach betritt man bald die "Große Empfangshalle" (3), zu der die männlichen Gäste geleitet wurden und in der gelegentlich Zeremonien abgehalten wurden; in Erinnerung an den Erstbesitzer trägt sie noch den Namen "Halle der 10 000 Bücher". In dem Wohnhaus (4) dahinter, zu dem man auch über einen Seitenweg gelangt, wurden weibliche Besucher empfangen. Das 2. Stockwerk dieses "Turms der Schönheit in Reichweite" bietet eine ausgezeichnete Aussicht auf die Garten­anlage und weitere Umgebung.

  - 57 -
ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/