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Für Plessner ist das menschliche Indivi­duum, das in die­sem drei­fa­chen Welt­ver­hältnis von Au­ßen-, Innen- und Mitwelt lebt, nicht mehr bloß „Ich” (so heißt der Flucht­punkt der Innenwelt), son­dern ist um­fassender als „Person” zu be­zeichnen. – Plessner be­läßt es nicht bei dieser Sche­ma­ti­sie­rung der Stufen des Organi­schen, son­dern wendet sich im abschließenden Teil noch spe­zi­el­ler dem Men­schen zu, für des­sen Existenz er drei an­ti­no­mi­sche „an­thro­­po­lo­gi­sche Grund­ge­set­ze” for­mu­liert, „das Ge­setz der na­tür­li­chen Künstlichkeit”, „das Ge­­setz der ver­mit­tel­ten Unmit­tel­bar­keit” und „das Ge­setz des utopischen Stand­orts”. Für meine Leit­fra­ge nach der Welt­offenheit des Menschen und ihren mög­li­chen Gren­­zen sind dies die wichtigsten The­sen Pless­ners:

   Lebt das Tier unreflektiert aus der Mitte seines Lei­bes heraus, so hat der Mensch sein Leben zu füh­ren und hat „sich zu dem erst zu machen, was er schon ist”.51 Er ist von Natur künstlich, kon­sti­­tu­tio­nell an­ge­wie­sen auf die von seines­gleichen geschaf­fene Sphäre der Kultur, in der er selber rast­los Lei­stung auf Lei­stung setzt und so seine eigentliche Lebenssphäre per­ma­nent er­wei­tert und zu über­bie­ten trachtet. Dieses „Lei­stungs­we­sen”52 agiert dabei aber nicht orien­­tie­­rungs­­los, denn es kann ohne Nor­men und ohne Ge­wis­sen nicht exi­stieren und hemmt und zähmt sich da­durch selbst. Vermittler zwischen sich und die Objekte ist sein „Wissen”, über das ihm freilich in der Re­fle­xion „die Im­ma­nenz­si­tua­tion des Menschen, die Ge­fan­gen­schaft in seinem Be­wußt­sein” auf­geht und da­mit ei­ne wei­­te­re Gebrochenheit sei­nes Welt­be­zugs.53 Der Im­ma­nenz entgegen steht die „Ex­pres­sivi­tät” als ei­nes mensch­li­chen Lebens­mo­dus, zu dem das Ge­­stal­tungs­­bedürf­­nis und das auf Öf­fent­lich­keit gerich­tete Mit­­tei­­lungs­­be­­dürf­­­nis gehören.54 Jede geistig-schöpferische Lei­stung ist als Re­sul­ta­te die­ser Expressivität eine „Aus­drucks­lei­­stung”. Trotz sei­nes un­ab­läs­si­gen Be­mü­hens sind die Normen und geistigen In­ten­tio­nen des Men­schen aber nie adäquat zu ver­wirk­li­chen, er kann schei­­tern und er­reicht allen­falls eine Annäherung an das Er­streb­te. Deshalb muß er als Le­bewe­sen kom­pro­miß­fä­hig sein und ist be­­rech­­­tigt und verpflichtet, sich verpflichtet, sich im­mer wie­der aufs neue zu versuchen.

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51 a.a.O., S. 310
52 a.a.O., S. 320

53 a.a.O., 328-333

54 a.a.O., S. 322f.

 

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