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gleitempfindungen
und Anmutungsqualitäten entfaltet und
erlebt wird, vermag sich schon in der Introspektion
zu verändern; grundsätzlicher macht
sich der „Charakter des Außersichseins”
dieses „exzentrischen” Lebewesen hier so geltend,
daß es nicht wie das Tier im Vollzug des Erlebens
aufgeht, sondern sogar beim Fühlen, Wollen und
Denken „außerhalb” seiner selbst steht.48
„Mitwelt”,
der dritte Weltbezug, ist dem Tier ebenfalls nicht möglich.
Nach Plessner agiert es „konzentrisch”,
nimmt seine Artgenossen lediglich unreflektiert
als verschmolzen mit seinem Umfeld wahr, ohne sie als
,Mittiere’ oder als distinkte Umgebung zu
unterscheiden.49
Daß der Mensch Mitwelt hat, geht dem einzelnen erst
im Zusammensein mit anderen voll auf. Gemeint ist nicht
allein die soziale Sphäre der Mitmenschen, vielmehr
ist Mitwelt die übergreifende des Geistes,
die Sphäre aller „anderen Iche” oder eines
„allgemeinen” Ichs, die von dem individuellen
getragen wird und die jedes individuelle trägt.
Eine Erweiterung zu einer „Wir-Sphäre”, die
zugleich eine Beschränkung bedeutet, da der
einzelne sich als Glied erfaßt, das in der Relation des
„Miteinanders” existiert.50
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48
a.a.O., S. 293 und 298. Für das ,Ich’ nimmt sich dieser
existentielle Widerspruch so aus: „Als
Ich, das die volle Rückwendung des lebendigen
Systems zu sich ermöglicht, steht der Mensch nicht mehr im
Hier-Jetzt, sondern ,hinter’ ihm, hinter sich
selbst, ortlos, im Nichts,
geht er im Nichts auf, im raumzeithaften
Nirgendwo-Nirgendwann.” „Als Ich dagegen,
das sich in voller Rückwendung erfaßt, sich fühlt,
seiner inne wird, seinem Wollen, Denken, Treiben,
Empfinden zusieht (und auch seinem Zusehen
zusieht), bleibt der Mensch im Hier-Jetzt gebunden, im
Zentrum totaler Konvergenz des Umfeldes und des
eigenen Leibes.” (a.a.O., S. 292)
49
a.a.O., S. 307
50
a.a.O., S. 301-308. Und:
„Die
Mitwelt gibt es nur als Einen Menschen”.
Exzentrisch
„beruht der geistige Charakter der Person in der Wir-Form des
eigenen Ichs, in dem durchaus einheitlichen Umgriffensein
und
Umgreifen der eigenen Lebensexistenz” (a.a.O., S. 303f.)