Home
Impressum
Ruth Fleigs Galerie
Schulkinder malen
Kritzel-Kratzel
Horst Fleigs Texte
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Seel. Machtkämpfe?
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Beschreibungsfehler
Darstellungstechnik
Kameradenbesuche
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen


- 4 - 



1. Die philosophische Kontroverse zwischen
Sloterdijk
und Habermas




Mit seinem Vortrag Regeln für den Menschenpark, den Peter Sloterdijk im Juli 1999 auf dem Elmauer Sym­po­si­on Jenseits des Seins ... Philosophie nach Hei­degger hielt, löste er eine der hef­tigsten und ver­wor­ren­sten D­ebatten in der jün­geren deutschen Gei­­stes­geschichte aus. In ihrer Bedeutung hat man sie inzwi­schen mit der Davoser Disputation zwischen Heidegger und Cas­si­rer (1929) und dem sog. Po­si­ti­vis­mus­streit der 1960er Jah­re ver­­gli­­chen, aber auch nach dem sog. Historiker­streit (1986/87) spöt­tisch als „Hysterikerstreit” tituliert. Die einzelnen Pha­sen der Men­­schen­­­park-Debatte hat Heinz-Ul­rich Nen­nen in seinem vier Jahre spä­ter erschienenen Buch Philosophie in Echtzeit (2003) mit­­samt den Miß­ver­ständ­nis­sen und taktischen Manövern auf 650 Sei­­ten nach­gezeichnet, in­ter­pre­tiert und mit gei­stes­ge­schicht­li­chen An­no­ta­tionen ver­sehen.9 Ich möchte daher auf diese De­tails nicht mehr eingehen, sondern nur den Gedan­kengang von Slo­­ter­dijk in Erin­ne­rung ru­fen.

   Er gab seinem Vortrag den auf Heidegger anspielenden Unter­ti­tel Ein Ant­wortschreiben zum Brief über den Humanismus.10 Ehe er zu Heid­egg­ers Schrift kommt, stellt er seine eigene Auf­fas­sung des hu­ma­ni­sti­schen Wesens der Philo­sophie vor, die er im we­sentl­­i­chen als eine zu Freunds­chaft­en ver­füh­ren­de Al­­pha­be­t­i­sie­­rung definiert, die „wie ein Kettenbrief durch die Ge­ne­ra­tio­nen ... die Ko­pi­sten und Interpreten in ihren befreundenden Bann”11 gezogen habe, dies be­sonders folgenreich in dem gro­ßen Über­lie­fe­rungs­prozeß der griechischen Kultur durch die Rö­mer. Ihren Höhepunkt habe die­se text­ge­bun­de­ne und zu­neh­mend philologisch fundierte humanistische Bewegung im Zeit­raum zwi­schen 1789 und 1945 erreicht und sei seitdem von den mas­sen­me­dial­en Kom­mu­ni­ka­tions­formen ab­ge­drängt wor­den. 1946 dann, „im elendsten Tal der eu­ro­pä­ischen Nach­kriegs-­Kri­se”,12 habe der fran­zö­si­sche Philosoph Jean Beau­fret dem von ihm verehrten Heidegger neben Fragen u.a. zu Sartres The­o­rie des Engagements auch die ge­stellt, wie man dem Wort ‘Hu­manis­mus’ einen Sinn zu­rück­ge­ben könne („Com­­ment redonner un sens au mot ‘Humanism’?”). In seiner Ant­wort stellte Hei­deg­ger den eu­ro­pä­ischen Humanismus als eine prin­­zipielle Ver­feh­lung hin; habe er doch ver­kannt, daß es nicht der Mensch sei, sondern das Sein, daß die ent­schei­denden „Brie­fe”13 (so Slo­ter­dijk) zu­sende; und daß der Mensch nur als Hü­ter oder Hirte des Seins seine wesentliche Bestim­mung er­fülle.

-------------------------------------------------------------------------------

9 Heinz-Ulrich Nennen: Philosophie in Echtzeit. Die Sloterdijk–De­bat­­te: Chro­nik einer Inszenierung. Über Me­ta­phern­fol­gen­ab­schät­­­zung, die Kunst des Zu­schau­ers und die Pathologie der Dis­­kur­se. Würzburg 2003.

10 Ich zitiere nach der noch 1999 (in Frankfurt/Main) erschienenen Buch­­pub­­li­kation, die stilistisch leicht überarbeitet wur­de und den Un­­ter­­ti­tel trägt: Ein Ant­wort­schreiben zu Heideggers Brief über den Hu­manismus
11 a.a.O., S. 7     12 a.a.O., S. 19     13 a.a.O., S. 29

Weiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/