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Diese
Besonnenheit, die umsichtig und aufmerksam halte, habe nun mit
ihrer ersten Äußerung die Sprache erfunden, indem sie von
den Lebewesen und Dingen das jeweilige „Merkmal”
abzusondern trachte und als Merkzeichen
artikuliere, als roh abstrahierendes
Urteil wie dieses vom Schaf: „Ha! Du bist das
Blökende!”19
Obgleich
Herder die Fortbildung der Sprache durch Familie und Gesellschaft
ausführlich erörtert und auch wiederholt die nie
abzuschließende Erziehung des Menschen betont, war
eine anthropologisch radikale Weiter- oder Höherentwicklung
für ihn nicht vorstellbar. In den
Ideen behauptet er, daß die Natur „mit dem
Menschen die Werkstätte schloß”, und er führt
dort an anderer Stelle aus:
„Die
Nationen blühen auf und ab; in eine abgeblühte Nation kommt keine
junge ... Blüte wieder. Die Kultur rückt fort, sie wird
aber damit nicht vollkommener ... Die Natur des Menschen bleibt
immer dieselbe; im zehntausendsten Jahr der Welt wird er
mit Leidenschaft geboren, wie er im zweiten
derselben mit Leidenschaften
geboren ward, und durchläuft den Gang seiner Torheit
zu einer späten, unvollkommenen, nutzlosen
Weisheit.”20
Seinen
eigenen Ansatz, wonach die „Natur des Menschen” in seiner
Kultur besteht, die als zu akkumulierende folglich auch den
Menschen selber immer weiter umgestalten müsse, denkt
er nicht konsequent weiter. Er selbst spricht von den kulturellen
Leistungen nur als von der „Kunst, die
diesem Geschöpf zweite Natur ist”,21
und noch nicht, wie seit dem 20. Jahrhundert üblich,
davon, daß der Mensch eine zweite Natur „hat”.
Offenbar wäre Herder in Konflikt mit seinen
theologischen Überzeugungen gekommen, speziell
mit der These von der Gottesebenbildlichkeit22
und damit sakrosankten Gestalt des Menschen. Allerdings
wies er den Weg, wenn er in den Ideen
den Menschen emphatisch
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19
a.a.O., S. 31-34
20
Ideen,
a.a.O., S. 254 und 395f.
21
a.a.O., S. 121
22
Auch wenn Herder diese Ebenbildlichkeit selber dynamisch, als
aufgegebene Annäherung zu fassen
suchte; vgl. Ideen,
a.a.O., S. 129.