RÜCK- UND AUSBLICK
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
nämlich
die „Möglichkeit anderer weltmächtiger
Lebensformen, die über Vernunft verfügen”: „Wir auf
der Erde kennen den Menschen nur als Hominiden.
Wer aber sagt uns, daß seine Lebensgestalt die
einzige mögliche für ein endliches
Wesen ist, das über Einsicht und schöpferische Kraft
verfügt?”33
Es
fragt sich freilich, ob Plessner hierbei überhaupt
noch an den Menschen und dessen Plastizität
denkt oder – wie explizit in anderen Aufsätzen – primär an
„extraterrestrische” Formen
reflexiver Intelligenz. Vor allen
Modellen einer „Menschenzüchtung” jedenfalls
warnt er durchweg, da sie seiner Erfahrung nach
nur krud biologistische,
sozialdarwinistische oder den
Menschen sonstwie instrumentalisierende
Zielsetzungen haben könnten. Macht aber
ebensowenig ein Hehl daraus, daß diese sich
erst abzeichnenden Probleme zum gegebenen
Zeitpunkt offen zu diskutieren sind.34
***
Die gegenwärtige
Problemdiskussion in der eingangs erörterten Kontroverse
zwischen Peter Sloterdijk und Jürgen Habermas
hat sich emotional so zuspitzen können, weil sie sich
nur beiläufig auf die neuzeitliche
Philosophischen Anthropologie zurückbezog,
die über das bisherige menschliche Selbstverständnis
genauer Rechenschaft hätte geben können
und statt dessen exzessiv um Reizwörter wie
„Menschenzüchtung”, „Anthropotechniken”
bzw. „genuin faschistisch” kreiste. Wer
diese mit der Neuzeit einsetzende Diskussion
für seine gattungsethischen,
humangenetischen oder auch angeblich
„transhumanen” Alternativprojekte
nicht gehörig berücksichtigt, kann sich
selber von Kultur und
Geschichte des Menschen so weit entfernen, daß er kein
Verständnis mehr für sie aufbringen kann und mit ihr definitiv
bricht, vorsätzlich oder auch nolens volens.
Weiterhin geht es um die Verteidigung der weltoffenen
Existenz des Menschen und der Erforschung seiner
Grenzen,
wenngleich unter veränderten Vorzeichen. Denn die
--------------------------------------------------------
33
In: Immer
noch Philosophische Anthropologie? (1963);
wieder abgedruckt im Sammelband Conditio
humana,
a.a.O., S. 235-246 (Zitat S. 246).
34
So in
Homo
absconditus,
a.a.O., S. 358: „Mit
der Eroberung des Weltraums und der drohenden
Eingriffsmöglichkeit in unsere Erbsubstanz werden
Kräfte für uns verfügbar, denen wir noch
nicht gewachsen
sind.” (Kursivierung von mir, H.F.) Vgl. das oben (S. 40) von mir
zitierte Wort von dem „schöpferischen Eingriff in das Leben
selbst” und der „möglichen Planung der Erbsubstanz”,
die in nächster Zukunft zur politischen Entscheidung anstehen
würden.
- 55 -