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ERSTER LEBENSRAUM: ERINNERUNGSAUTOMATISMUS ENTLANG DEN ERLEBNISSZENEN
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gewachsen
war, kreuz und quer mit Nachforschungen zu Schauplätzen und
Personen. Jene letzte Empfindung, allem dort
für immer entfremdet zu sein, dürfte darum nur eine Schock-
oder Schutzreaktion
gewesen sein, eine Art Totstellreflex
auf die wie vampirische Bedrohung, die noch von dem
Klingelschild ausging, hinter dem sich mein jugendlicher
Wiedergänger zu verbergen schien. Eine Reaktion,
die wie das Zerreißen der Photos im Vorjahr ein Akt der
Verleugnung war und gleichzeitig gutgeheißen wurde von
einem konkurrierenden tieferen
Wahrheitsgefühl. Wie ich jene gestellten Photos als irrelevant
und pseudo-objektiv verwarf, so jetzt die Relikte
meiner alten Wohnumgebung; und hier wie dort ließ sich die
Vernichtung als Steigerung oder Errettung
biographischer Integrität genießen. Welch heikle
Kollision der Selbstempfindungen mit dem unschätzbaren,
oft wirklich unabsehbaren Wert des
Dokumentarischen, seien es Photos oder Lebensräume!
Und doch wird man sich von Zeit zu Zeit ähnlich entscheiden
müssen. Immer dort, wo die materiellen
Relikte unsere Erinnerungsfähigkeit zu blockieren
drohen, wo man nur noch gebannt hinstarren kann auf
irgendeine Lokalität oder auf weiter
nicht mehr erklärliche Momentaufnahmen, die kaum mehr als die
Künstlichkeit, Banalität und
Peinlichkeit der damaligen Situation dokumentieren,
dort also, wo nichts mehr auf einen größeren oder
noch unbekannten Zusammenhang hindeutet, sollte man
sich dieser Dokumente entledigen oder auch die
Rückkehr einstellen. Zumal einem ja noch
das von den materiellen Objekten unabhängige
Vermögen der Rekonstruktion bleibt, die
ERINNERUNG nämlich, die spürbar hinter jenem
tieferen Wahrheitsgefühl stand und es
vielleicht auch in der Sache beglaubigen könnte.
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SICHERINNERN:
Wohl am leichtesten und luftigsten vor dem Einschlafen, wenn man
sich, schon gelöst vom Tage, über ein tausendmal
durchlaufenes Zentrum seiner Kindheit beugt. Erinnerung kann
hier zu einem überirdischen Vermögen werden, das aus
einer merklich erhöhten Perspektive – die sich gelegentlich
der Vogelperspektive annähert – eine
kontinuierliche Verbindung schafft zwischen den zeitlich
auseinanderliegenden, in unserem
Lebensgefühl aber zueinandergehörigen Episoden,
Begegnungen und Phantasien. Eine
zeitüberschreitende Komposition,
in der sich die Umgebung wie
mit einer Filmkamera
fast
nach Belieben abfahren läßt. Zu dieser mühelos
und weithin automatisch ablaufenden Raumerkundung gesellt
sich nun die eigentlich szenische
Erinnerung,
die, mit einzelnen Erlebnisbildern operierend, in dieses
Raumkontinuum ihre zeitlich unterscheidbaren
Akzente setzt, doch so tolerant, daß die oft
beträchtlichen Zeitenabstände
zwischen den Erlebnisszenen unwesentlich werden
und wir uns in einem so niemals erlebten, nun
aber in seiner Quintessenz zu erfahrenden
Zeit- und Phantasieraum bewegen. Und zwar bleibt es
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