ZWEITER LEBENSRAUM: VON PHANTASIEBILDERN ÜBERWUCHERT
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rheindorf
widerfahren zu sein, wo ich im Alter von viereinhalb bis
acht Jahren lebte (bis Januar '53). Aus der elterlichen
Wohnung konnte ich hier über die Straße und einen
Drahtzaun hinweg sogleich in die Rheinwiesen
treten. Nur noch eine mächtige, von uns manchmal
erkletterte Weide gleich links jenseits des
Zaunes ist mir als Blickfang und Ausgangspunkt
der Orientierung zugleich auch szenisch präsent. Was
wir aber in den Wiesen in Sichtweite des Hauses
trieben, wird mir nicht mehr erinnerlich –
solange jedenfalls nicht, als ich mir die Umgebung
in dem spontan sich mir anbietenden, wiederum
wie automatisch ablaufenden visuellen
Raumschematismus vergegenwärtige.
Haben sich doch hierbei in meiner Erinnerung
den Büschen und Bäumen der Wiesenränder Märchen-
und Romanszenen angelagert,
die ich zum Teil erst lange nach meinem Wegzug aus
dieser Rheinwiesenstraße kennenlernte:
Links
vorne also der Kletterbaum, vor dem ich stehe und mit ziemlicher
Bewunderung zu einem größeren Jungen hinaufblicke, der da oben
einen Sitz einzurichten steht. Der Baum ist der
erste in einer langen, mit Stacheldraht umzäunten Reihe, die
tief in die Rheinwiesen hineinführt. Dort hinten, ein
wenig nach rechts hin, steht in meiner Erinnerung ein
vereinzelter hohler Baum, durch den in Andersens Märchen
,Das Feuerzeug’ der Soldat von der Hexe in die
Erdhöhle hinabgeseilt wird <um 1953/54
gelesen?>. Auf gleicher Höhe und etwas weiter
rechts davon schließt sich ein Wäldchen an, wo
Schneeweißchen und Rosenrot mit dem Bären
wohnen und an dessen äußerem Rand rechts die wilden
Schwäne rauschend über ihre Schwester hinwegfliegen
<um 1953?>. Noch weiter nach rechts in diesem
Viertelkreisbogen, schon beinahe an seinem
äußersten unteren Rand, nahe der Straße,
erscheinen am Wiesensaum geheimnisvolle
gemauerte Schächte <Versorgungströge
für Vieh>, die mir schon in früher Jugend immer nur
als ,Montezumas Schatzkammer’ in den Sinn
kommen <eine Assoziation aus
Stuckens Roman ,Die weißen Götter’, den ich
erst um 1954/55 heimlich las>.