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Obgleich
er energischer als Scheler auf die biologischen
Fundamente des Menschen hinweist, geht es Plessner
hierbei nicht um die zoologische Zugehörigkeit
des Menschen zur Spezies der Hominiden; „die
Tatsache Homo sapiens ... bedeutet eine Aufgabe
und nicht bereits die Sicherung der Humanität.
Hominitas ist nicht Humanitas.”23
Und auch bei seiner begrifflichen Bestimmung
des menschlichen „Geistes” läßt er sich entschiedener
als Scheler auf die kulturelle und sozialethische
Lebenswirklichkeit ein. Führt dieser
inhaltlich neben der umweltenthebenden
Tendenz weithin Leistungen und Vermögen an wie
Ideierung, Vernunft, Entscheidung aus freiem
Willen sowie höhere emotionale Akte wie Ehrfurcht
oder Verzweiflung und bezieht damit „Person” als
das geistiges Aktzentrum stark auf das Individuum
zurück, so betont Plessner sogleich, daß mit dem „Geist”
eine höhere Sphäre als die des individuellen „Ich”
konstituiert wird; daß das Individuum als
geistiges Wesen vielmehr „Person” in der Weise ist, daß
sich in ihr Innenwelt, Außenwelt und Mitwelt
zusammenschließen. „Geist” bezeichnet dabei primär
die Erweiterung zu einem „allgemeinen Ich”, einer „Wir-
Sphäre” der „Mitwelt”, die das Individuum
bildet und reziprok von ihm gebildet wird.24
Unmittelbar mitgegeben in dieser überindividuellen
Sphäre des Geistes ist die Anerkennung des anderen,
dessen Existenz wie die eigene zufällig und kostbar ist. Ein
fundamentalethischer Ansatz,
der hinsichtlich der menschlichen Lebensführung
durch die Aussage erweitert wird, daß es diesem
Lebewesen unmöglich ist, ohne „irreale Normen” und ohne
Gewissen zu existieren.25
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23 Über
einige Motive der Philosophischen Anthropologie (1956); Wiederabdruck in: Conditio humana, a.a.O. S. 117-135 (Zitat S. 134). Gerhard Gamm bemerkt hierzu: „Die Humanitas
stellt die theoretische Bestimmung der Anthropologie auf praktische Vernunft
um, sie sprengt in einem systematischen Sinn die (soziobiologische) ,Kette der
Wesen’ von Anfang an, entsprechend anti-evolutionistisch kennzeichnet Plessner
den Menschen – im Unterschied zum Tier – auch durch seine 'Anfangslosigkeit'”. Gerhard Gamm, ,Abgerissenes
Bruchstück eines ganzen Geschlechts’/Philosophische
Anthropologie in der Leere des zukünftigen
Menschen. In: Philosophische Anthropologie
im 21. Jahrhundert. Hg. von Hans-Peter Krüger und Gesa
Lindemann (Berlin 2006), S. 103-121 (Zitat S. 110)
24 Plessner, a.a.O., S. 303f.25 a.a.O., S. 317
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