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Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt”19. Der existen­ti­el­le oder auch hysterische Schau­der vor der neu­en, in ih­ren Dimensionen noch unbekannten Selbst­ver­ant­wor­­tung des Individuums ließ sie na­he­zu re­flex­ar­tig nach einem neuen überweltlichen Halt su­chen.

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19 Iwan Karamasows Diktum scheint noch heute als nihilisti­sches Schreck­gespenst zu taugen, wie etwa aus ei­ner Be­kun­dung der „Ge­mein­de Christi Trier” hervorgeht: „Nihilismus be­schreibt die trüb­ste aller Weltanschau­ungen, deren An­hän­ger alles Absolute leug­nen und an nichts glauben. Danach ist alle Existenz nutzlos und ohne Sinn. Der Nihilist lehnt über­lieferte Glau­bensinhalte als völ­lig un­be­grün­det ab. Er verwirft jede ob­­jek­­ti­­ve Wahrheit und alle sitt­li­chen Wert­vor­stel­lun­gen. Ein beliebtes Motto für nihilis­tische Den­ker stammt von Dostojewski: ,Wenn Gott tot ist, dann ist alles er­laubt. URL: http://gemeinde­christitrier.­blog.­volks­freund.de/2006/05/­14/­ wenn-­gott-­tot-­ist-­dann-ist-alles-erlaubt/

   Schon Dostojewskis Romanheld je­doch vermochte über den Ni­hi­lis­mus hinaus zu denken. Der Teufel, den der in Fie­ber­wahn ge­fal­le­ne Iwan eben noch als sein abgespalte­nes Ich durch­schaut hat, argumentiert nämlich wie folgt: „Hat die Mensch­heit sich erst samt und sonders von Gott losgesagt – und ich glaube, daß diese Pe­ri­ode sich <...> voll­en­den wird – , so werden von selbst <...> das ganze frühere Weltbild und vor allem die ganze frühere Moral zu­­nich­te, und auf al­len Ge­bieten bricht Neues an. Die Men­schen wer­den sich zusammenschließen, um vom Leben alles zu neh­men, was es ge­ben kann, aber unbedingt zu Glück und Freude ein­zig und allein auf der hiesigen Welt. Der Mensch wird sich ge­wal­tig er­heben im Geiste göttli­chen, titanischen Stol­zes, und her­vor­tre­ten wird der Gott-Mensch. <...> Je­der wird be­grei­fen, daß er sterblich ist, ganz, ohne Auferste­hung, und wird den Tod stolz und ge­lassen hinnehmen wie ein Gott. <...> Da dies aber in An­be­tracht der einge­fleischten menschlichen Dummheit wohl noch in tau­send Jah­ren sich nicht ver­wirk­li­chen läßt, so sollte es jedem, der heute schon die Wahrheit begreift, er­laubt sein, sich ganz nach sei­nem Gut­dün­ken ein­zu­richten, auf den neuen Grundlagen. In diesem Sinne ist ihm ,alles erlaubt.’” Fjodor Dos­to­jewski, Die Brü­der Ka­ra­ma­sow (Ber­lin und Weimar, 3. Aufl. 1992), Bd. 2, S. 506f. (9. Kap. des 11. Buchs)

   Der Roman Die Brüder Karamasow entstand 1878-80 und wur­de 1884 ins Deutsche übersetzt. Im 3. Buch von Nietz­sches Die fröh­li­che Wissenschaft (erschienen 1882) wird der Gedanke vom To­de Got­tes mit ähnlicher Konse­quenz als Fak­tum von „dem tol­len Menschen” ausgerufen, der wie einst der Kyniker Diogenes am hellen Tag mit der La­ter­ne auf der Suche ist: „Wo­hin ist Gott? rief er, ich will es euch sa­gen! Wir haben ihn getödtet, – ihr und ich! Wir Al­le sind sei­ne Mörder! <...> Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendli­ches Nichts? <...> Rie­chen wir noch Nichts von der göttlichen Verwesung? - auch Göt­ter verwesen! Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir ha­ben ihn ge­tödtet! <...> Ist nicht die Grösse die­ser That zu gross für uns? Müs­sen wir nicht sel­ber zu Göttern wer­den, um nur ih­rer würdig zu erscheinen? <...> Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Diess un­ge­heure Er­eigniss ist <...> noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrun­gen.” Friedrich Nietzsche,

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