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(Apo­lo­gia) 1487 in to­to indi­ziert. Erst nach Fürsprache des Renais­sance-Herr­schers Lorenzo de’ Me­di­ci gab ein neuer Papst sie wie­der frei. Die nie ge­haltene Oratio, die er als Er­öff­nungs­re­de des Kon­gres­ses verfaßte, er­schien erst 1496 im Druck, zwei Jahre nach Picos womög­lich ge­walt­sa­mem Tod.6

   Die Conclusiones dieses auch des Hebräi­schen und Ara­bi­schen Kundigen sollten dazu anstoßen, die vie­len kon­kur­rie­ren­den Denktraditionen wie die jüdisch-christ­liche Kab­ba­la und die is­la­mi­sche Phi­lo­so­phie ei­nes Avicenna, Aver­ro­ës oder Moses Mai­mo­ni­des auf ih­re geistige Konvergenz hin zu un­ter­su­chen. Ein Recht­fer­ti­gungs­ver­such, der auf dem Hin­ter­grund des neu­en Menschenbildes nicht als Ek­lek­ti­zis­mus ab­zu­tun ist, viel­mehr den einen menschlichen Geist, sofern er sich nur frei zu ar­ti­ku­lie­ren wußte, auch in seinen ent­le­gen­sten Denk­be­mü­hun­gen ernst zu­nehmen such­te.

 

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Die weiteren Etappen der anthropologisch ent­wi­ckel­ten „Weltof­fen­heit”, die über Montaigne und Her­der zu Sch­eler und Pless­ner führten, zeigen keine geradlinige Ent­wick­lung. Der Zu­ge­winn an Ein­sich­ten ist eher sprung­­haft und wird immer wie­der zu­gun­sten anderer Leit­ka­te­go­rien zurück­ge­drängt und in man­chen As­pek­te über­haupt aufgegeben. Besonders schwer zu ver­mit­teln war die Ein­sicht, daß der Mensch nicht gött­li­cher, son­dern tie­ri­scher Her­kunft ist. Der fromme Selbst­be­trug ei­ner Got­tes­eben­bild­lich­keit7 des Men­schen wurde schon relativ früh durch­schaut (von Mon- 

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6 Zu dem Verdacht, daß sein Sekretär Cristoforo di Casale ihn ver­gif­tet haben könnte, vgl. Stephen Alan Farmer, Syn­cre­tism in the West: Pico’s 900 theses (1486). The evolution of tradi­tional re­li­gious and philosophical sys­tems (Tempe, Arizona, 1998), S. 177f.
7 Ein vorchristlicher Gedanke, den Ovid in seinen Me­ta­mor­pho­sen (I 76-86) so ausführt: „Aber noch fehlte bisher ein ed­le­res We­­sen, mit hohem|Geiste be­seelt, damit es die an­deren alle be­herr­­sche.” „Als Abbild der alles beherr­schen­den Göt­ter” wur­de der Mensch von Prometheus aus Erde geformt: „Während die an­dern Geschöpfe ge­beugt die Erde be­trach­ten,|Gab er ein auf­recht Antlitz dem Menschen und hieß ihn zum Himmel|Schauen und zu den Sternen empor die Bli­cke len­ken”. (Übers. von Thas­si­lo von Scheffer, Zü­rich 1998). Plato nahm den Mythos in einer an­de­ren Vari­ante auf, vgl. S. 19 zu Herder.

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