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zuletzt
auf Plessner berufen.60
Dies nicht ohne Kritik im Detail. Vor allem hat man
Plessner immer wieder vorgeworfen, die Dimension
des Ethischen nicht gehörig zu berücksichtigen. Wobei jedoch
in der Regel verkannt wird, daß seine Anthropologie im
Innersten ethisch fundiert ist und sich mit guten Gründen
bei der konkreten Ausformulierung einer Ethik zurückhält. Deren
Zeitgebundenheit übersteigend, setzt Plessner
eine Reihe fundamentaler Bestimmungen an, die für ihn zum
Wesen des Menschen gehören und ständig zu
aktualisieren wären. Als „Ich” erlebt er sich als
Urheber seiner Handlungen, als frei und dafür
verantwortlich; er „ist von Natur sittsam, ein sich
im Modus der Aufforderung selbst
bändigender, domestizierender
Organismus”, der sein Sollen im Gewissen
kontrolliert und sich selber hemmt.61
Diese konstitutionelle Moralität liegt für Plessner
jeder sozialen Triebverdrängung und Zensur zugrunde,
die „höchstens sittenerhaltend, aber nicht sittenerzeugend
wirken” können.62
In der geistigen Sphäre der ,Mitwelt’ erfaßt sich das
Individuum zugleich als „allgemeines”
Ich, als Glied einer „Wir-Sphäre”, die ihrerseits
jeder konkreten Ausgestaltung
„solidarischen Fühlens und
Verhaltens” vorgelagert ist.63
Diese fundamentale „Respektierung
des Anderen” ergibt sich aus der Einsicht des
Individuums, daß es zwar „ein in diesem Hier und Jetzt
unersetzliches, unvertretbares Leben”
darstellt, selber aber im Grunde zufällig ist
und auch ein anderer hätte sein können.64
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60 Vgl. Walter
Schulz’ Buchtitel Subjektivität
im nachmetaphysischen Zeitalter
(Pfullingen 1982) und Der
gebrochene Weltbezug (Pfulingen
1994). In dem zuletzt genannten Buch stimmt er Plessners
Anthropologie im wesentlichen zu („Die Grundstruktur
des menschlichen Seins wird von Plessner überzeugend
herausgearbeitet”, S. 244),
während er in seinem Hauptwerk Philosophie
in der veränderten Welt
(Pfullingen 1972) noch stärker das „biologische”
Selbstverständnis
Plessners kritisiert und gegenüber der ,negativen
Metaphysik’ vor allem ethische Vorbehalte anmeldet
und „Leitbilder für das Handeln”
reklamiert (vgl.
S. 436-441 und 463- 467). Doch auch hier ist seine
zeitgeschichtlich formulierte Forderung
durchaus mit Plessners abstrakterem Standpunkt zu
vereinbaren: „Der
Mensch ist heute gezwungen, sich selbst zu planen,
und das heißt, mit sich selbst zu experimentieren, denn gerade der
Mensch der gegenwärtigen Gesellschaft
ist mehr denn je als das nicht fertige Wesen zu bestimmen.”
(Walter
Schulz, a.a.O., S. 467)
61 Plessner, a.a.O., S. 317
62 a.a.O., S. 318