Home
Impressum
Ruth Fleigs Galerie
Schulkinder malen
Kritzel-Kratzel
Horst Fleigs Texte
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Seel. Machtkämpfe?
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Beschreibungsfehler
Darstellungstechnik
Kameradenbesuche
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen


- 21 -



Der Begriff der Humanität ist ganz elastisch, er folgt den un­­vor­­­her­­seh­­ba­­­ren Wandlungen des Men­schen über­allhin ... Hu­mani­tät ist das Gattungswesen des Menschen, oder vielmehr das X für die­ses einst­wei­len noch unbekannte Gat­tungswesen”.8 Diese Offen­heit frei­­lich wird bei Herder nicht über die bis­he­ri­ge Ge­schichte hin­aus the­­ma­ti­siert, son­dern auf konven­tionelle religiöse Pfade zu­­rück­­ge­­lei­tet.9

    In der konkreten Argumentation jedoch beruft sich Herder statt auf die Schöpfungsge­schichte der Bi­bel auf zeitgenössische Na­tur­for­scher oder Ethnolo­gen wie Buffon, Linné, Camper, Haller, Tyson und For­ster. Und vor allem auf Blumenbach, der als Unterschei­­dungs­­merk­­­mal für den Menschen den auf­rech­ten zwei­fü­ßi­gen Gang an­­führ­te, ihn als den ein­zi­gen Zweihänder unter den Primaten (Spe­ci­es „bi­ma­na”) und als ein in­stinkt­re­duziertes so­wie ursprünglich wehr­­lo­­ses We­sen definierte („homo in­er­mis”).10 Mit letz­te­rem scheint die Herder zuge­schriebene These vom Men­schen als einem „Män­­­gel­­­we­­sen” über­ein­zu­stim­men. Herder ist je­doch weit zu­rück­hal­ten­der und weist in der Regel so­gleich auf die Aus­stat­tung des Men­schen mit an­deren und höheren Fä­higkei­ten hin. So führt er in den Ide­en aus, daß beim Men­schen das Neu­ge­bo­re­ne deshalb un­gleich schwä­­­cher ist, weil im Unterschied 

---------------------------------------------------------------------------------

8 In seinem Vorwort zu den Ideen, a.a.O., S. 12-14

9 „Unsere Humanität ist nur Vorübung ... die Erde ist nur ein Übungs­platz, eine Vorbe­reitungsstätte”. „Mit dem Gurt des Him­mels ge­gür­tet, set­ze fröh­lich deinen Wan­der­stab weiter” (Ide­en, a.a.O., S. 149 und 143). Im nachgelassenen Entwurf der Humani­tätsbriefe stellt Her­der je­doch die fol­gende Frage und schreckt vor ihr so­­gleich zurück: „Soll und kann der Mensch mehr als ein Mensch, ein Über-,  ein Au­ßer­mensch werden? Das soll und kann er nicht; das hoffet und wünschet von uns Nie­mand. Nur aber Mensch soll er sein; in allen Gliedern des Ge­schlechts soll Mensch­lichkeit (Huma­nität) an­er­kannt werden, wir­ken und le­ben.” A.a.O., S. 803

10 Vgl. Johann Friedrich Blumenbach, Handbuch der Naturge­schich­te (12. Aufl. Göttin­gen 1830). Nach der ta­xo­no­mi­schen Be­stim­mung („Ho­mo. Erectus, bi­ma­nus.”) merkt er noch an: „Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs­be­dürf­ti­ges Ge­schöpf. Kein anderes Thier ... bleibt so lange Kind” (S. 54f.) Ferner: „Der Mensch zeigt außer den Se­xu­al­trie­ben we­nig an­de­re Spu­ren von Instinct: an­ge­bor­ne Kunst­trie­be aber hat er vollends ganz und gar nicht. Was ihm hin­ge­gen für die­sen schein­ba­ren Man­gel ent­schä­digt, ist der Gebrauch der Vernunft.” (S. 37)

 

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/