Quelle für das Höhlenphoto: www.reisekonfigurator.de/details/1326/guilin-karstberge Das andere Foto stammt von mir (H.F.)
14. Tag, Die. 25.10.11:
Von Shanghai aus
macht unsere Reiseguppe den zweiten Inlandsflug und landet nach
ungefähr 2 1/2 Stunden Flug in der "Stadt des Duftblütenwaldes"
oder "Stadt
der Zimtbäume",
wie man "Guilin"
ins Deutsche zu übersetzten pflegt.
Hier und da leuchten noch jetzt, gegen Ende Oktober, die gelben
Blüten in diesen immergrünen Bäumen hervor.
Berückend,
ja beinahe traumbildhaft, wie diese Großstadt von Dutzenden
tiefgestaffelter Karstkegel
umringt wird. Eines dieser
Muschelkalk-Relikte, der von Pagoden und Tempeln gekrönte Duxiu
Feng ("Gipfel
der Einmaligen Schönheit"), ragt gar im Zentrum der Stadt
empor, genau dort, wo einst die mauerbewehrte Residenz der
königlichen Statthalter –
durchweg
Prinzen
–
der Ming-Dynastie lag. In ihrer
architektonischen Struktur gilt sie als Vorbild für die Jahrzehnte
später angelegte "Verbotene
Stadt"
von
Beijing. Sun Yat-sen, der erste Präsident der Republik China, wählte
1921 diese Residenz zum Hauptquartier seines Nordfeldzugs; die an ihr
vorbeiführende Hauptstraße trägt seit Langem seinen Namen.
Den
ersten Eindrücken dieser wohl einzigartigen Stadt-Landschaft können
wir leider nicht weiter nachgehen, da unser Reiseleiter sogleich die
einige Kilometer außerhalb der Stadt gelegene populäre
Tropfsteinhöhle
"Lydiyan" ("Schilfrohrflötenhöhle")
ansteuern lässt. Aus dem beim Höhleneingang wachsenden Schilf
sollen früher Kinder ihre Flöten geschnitzt haben. In der größten
Kammer des Höhlensystems konnten an die 1000 Menschen Platz finden,
weshalb diese Höhle –
die einen nur
mannsbreiten und durch das Röhricht verdeckten Zugang hatte –
in Kriegswirren über ein
Jahrtausend der Bevölkerung immer wieder als Versteck diente. Dem
heutigen Besucher wird sie in einer für manchen pietätlos
wirkenden unsäglich bunten Beleuchtung präsentiert. Nicht nur
auffällige Stalaktiten oder Stalagmiten, sondern ganze Felspartien
erscheinen durch breitflächige Farbbeleuchtungen wie angestrichen.
Zusätzlich versuchte man mit beleuchtungstechnischen Tricks, aus
einzelnen Tropfsteinformationen touristenaffine Gestalten wie einen
Schneemann oder Santa Claus herauszumodellieren.
Dergleichen
lässt sich nicht einfach als alberne Verfehlung abtun. Eine ähnlich
gewagte Farbgebung findet sich, wie oben zu sehen, beim Anstrich
etlicher Häuser in Guilin wieder. Und die anthropomorphe Freude am
Herauslesen von Lebewesen aus Gestaltungen der unbelebten Natur war
uns schon in Nordchina einige Male aufgefallen. Hier, in der
autonomen Region
der Zhuang, der
größten ethnischen Minderheit Chinas, sollen animistische
Vorstellungen noch besonders lebendig sein. Als einer der
touristischen Höhepunkte wird denn auch der "Elefantenrüssel-Berg"
und der einem Stapel bunter Seide
ähnelnde "Berg der bunten Schichten"
empfohlen, ferner ein "Kamelberg"
oder der mit seinen sieben Hügeln
dem Großen Bären ähnelnde "Park der Sieben Sterne".
Auf dem Rückweg
ins Stadtzentrum photographiere ich den prächtigen wurzelreichen
Zimtbaum, der noch einige Blüten zeigt; der Cassia-Zimt
wird hier gern dem Tee und Wein
beigegeben, was wir beiden denn auch morgen während der
Flussfahrt auf dem Li probieren werden.
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