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HELMUTH PLESSNER

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Was er in seinem Schaffensdrang an Lei­stungen und Versu­chen hinterläßt, ist seine Geschichte. Sie beweist ihm nicht nur seine Leistungsfähig­keit, sondern auch sei­ne Vergänglich­keit, das Zu­fäl­li­ge seiner Existenz und der Welt über­haupt. Notwendiger­wei­se wird er so auf die kom­ple­men­tä­re Idee eines Absolu­ten ge­­bracht, das als alles um­fas­sen­der Seins­grund ihn selbst de­fi­ni­tiv ein­ord­nen und mit dem Schicksal aussöhnen könnte. Die­se religi­ösen, im Got­tes­glau­ben kul­mi­nie­ren­den Vor­stel­lun­gen wi­derspre­chen je­doch dem gei­stigen Wesen des Menschen. Als ex­zen­trisch po­si­tio­nier­tes Le­be­we­sen existiert er in Wi­der­sprü­chen, hat diese oh­ne ein rück­ver­si­­chern­des me­ta­phy­si­sches „De­­fi­ni­ti­vum” aus­zu­hal­ten und ver­dankt seine Weiter­existenz allein der Sphä­­re er­wor­bener, selbst­ge­schaf­fe­ner und in der Folge wie­­der zu über­schreitender Kul­tur. Zwi­schen der Re­li­­gi­on „und der Kul­tur be­steht da­her trotz al­ler geschichtli­chen Frie­densschlüsse ... ab­so­­lu­te Feind­schaft. Wer nach Hause will, in die Hei­mat, in die Ge­­bor­gen­heit, muß sich dem Glau­ben zum Op­fer bringen. Wer es aber mit dem Geist hält, kehrt nicht zu­rück.”55


In diesen abschließenden Formulierungen findet das „Ge­setz des uto­pi­schen Stand­punkts” oder „Ste­hens im Nir­gend­wo” sei­nen nüch­ter­nen und unpo­lemischen Aus­druck. Plessner respektiert das me­ta­phy­si­sche oder re­li­giö­se Be­dürf­nis des Men­schen, indem er es als höch­sten Ausdruck seiner exi­sten­ti­el­len Gebrochenheit be­­greif­­lich macht. Be­harrt gleich­wohl auf der kritischen und blei­bend pre­kä­ren Ver­fas­sung des Men­schen, der auch die „Idee des Ab­so­lu­­ten”, ei­nes „Welt­grun­des” oder eines kos­misch ge­ord­ne­ten „Welt­krei­ses” als un­halt­bar zu erkennen vermag.56 Sei­nem Schluß­ka­pi­tel über das an­thro­po­lo­gische „Gesetz des utopischen Stand­­orts” hat Pless­ner ein Motto vor­an­ge­stellt: „δος μοι που στω
(Gib mir einen festen Ort, wo ich stehen kann”).57 Es ist dies der An­fang des Ar­chi­me­des-Wor­tes, das hoch­ge­mut ab­schließt: „και κινω την γην” („und ich werde die Er­de be­we­gen”).

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55 a.a.O., S. 342

56 a.a.O., S. 364. - „Diese Idee aufge­ben, heißt aber die Idee der Ei­­nen Welt aufgeben. Atheismus ist leichter ge­sagt als getan. ... Und doch vermag der Mensch diesen Ge­danken zu denken.” (a.a.O., S. 346)

57 a.a.O., S. 341

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