HELMUTH PLESSNER
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rend,
in rastlosem Kampf steht. Frontalität
impliziert das Aufgehen im „Hier-Jetzt” und damit
die Unmöglichkeit, reflexiv auf sich selbst
zurückzukommen.45
Diese
Stufe der Reflexivität ist erst mit der „exzentrischen”
Position des Menschen gegeben. Zwar bleibt er körperlich
Tier, vermag die faktische Zentrierung nicht zu
durchbrechen und ist weiterhin im
wesentlichen ins „Hier-Jetzt” eingebunden. Doch
ermöglicht ihm sein Selbstbewußtsein,
die eigene Position der Zentralität zu
erkennen und sich so zum Umfeld und sich selbst in Distanz
zu bringen. Als Lebewesen lebt und erlebt der Mensch nicht bloß,
sondern erlebt sein Erleben und sich als Urheber seiner
Handlungen. Es „hat sich selbst, ist sich selber bemerkbar
und darin ist es Ich,
der ,hinter sich’ liegende Fluchtpunkt der eigenen
Innerlichkeit ..., der nicht mehr objektivierbare,
nicht mehr in Gegenstandsstellung zu rückende
Subjektpol.”46
Diese Reflexivität und
mögliche Distanzierung von sich selbst
verschafft ihm aber keinen sicheren Halt und Ruhepunkt,
vielmehr tut sich mit ihr ein dreifaches
gebrochenes Verhältnis zur Welt auf, die
sich ihm als Außenwelt, Innenwelt und Mitwelt
darbietet. Jedesmal lebt er diesseits und jenseits
dieses Bruches, der sich ihm jeweils unter einem
„Doppelaspekt” darbietet. In der
räumlich-zeitlich ausgedehnten
Außenwelt
lebt er als Körper, über den er
zugleich als seinen Leib verfügt. Seine „Innenwelt,
die Welt ,im’ Leib, das, was das Lebewesen selbst ist”, steht
unter einem anderen Doppelaspekt, dem von
„Seele” (seinen sich nach Gesetzen
entwickelnden individuellen Anlagen) und
„Erlebnis” (dem seelischen Vollzug
im Hier-Jetzt).47
Die seelische Innenwelt, die sich in einer Skala
von Begleitempfindungen und Anmu-
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45
Plessner,
a.a.O., S. 233 und 238-241. – Wie Scheler bestreitet Plessner
nicht diverse praktische Intelligenzleistungen höherer
Tiere, legt aber bei den (auf S. 27 von mir erwähnten)
Schimpansenversuchen Köhlers Wert
auf die dort registrierte Unfähigkeit,
Hindernisse aus dem Weg zu räumen und
kommt so zu dem Urteil: „Dem intelligentesten
Lebewesen in der Tierreihe, dem
menschenähnlichsten, fehlt der Sinn für’s
Negative.” (a.a.O.,
S. 270).
46
a.a.O., S. 290-292
47
a.a.O., S. 296
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