Ein
weiterer Höhepunkt dieser China-Reise soll die Bootsfahrt auf dem
Li-Fluß werden, die in gut 4 Stunden bis zu der ungefähr 40 km
südlich von Guilin gelegenen Stadt Yangshuo führt. Der Li
Jiang ("Klarer Fluß")
ist tatsächlich immer noch – oder schon wieder – einer der
wenigen kaum verschmutzten Flüsse Chinas. Wie er sich inmitten
der Kalkstein-Landschaft mit ihren unzähligen Karstkegeln
dahinschlängelt, hat man seit Jahrhunderten in Tuschmalereien und
Gedichten gepriesen und auch auf der Rückseite der
gegenwärtigen 20-Yuan-Banknote
abgebildet.
Stromabwärts
und einer Flotte gleich folgt in der schmalen Fahrrinne Schiff auf
Schiff. Zu über einem Dutzend stauen sie sich an seichteren
Passagen, wo die Fahrrinne mit Stangen abgetastet werden muss; einmal
schrammt unser zweideckiges Motorschiff, das von einer Frau gesteuert
wird, leicht über den Flusskies. Schon bald nach dem Ablegen beginnt
man in der offenen Bordküche am Schiffsheck mit der Arbeit und
verlassen die Passagiere peu à peu ihre Sitzplätze unter Deck, um
die wechselnde Szenerie zu betrachten. Die meist von Höhlen
durchzogenen steilwandigen Karstberge
sind trotz dünner Erdkrume
durchweg bewaldet. Streckenweise hüllt Dunst und Nebel sie ein.
Außer Reis- und Erdnussfeldern erblicken wir in Ufernähe dann und
wann lichte Bambuswäldchen und neben nach Futter tauchenden
Entenvögeln etliche badende und trinkende Wasserbüffel.
Viele dieser Büffel, die nur in den wenigen Wochen der Reisernte
gebraucht werden, hat man mittlerweile ausgewildert. –
Mehrmals nähern sich Männer auf
motorisierten Bambusflößen längsseits des Schiffes und bieten uns
Früchte und Spielzeug sowie der Bordküche Fische an.
Ein
Mitreisender, der vor wenigen Jahren schon einmal hier war, hatte
damals zu Seiten des Flusses immer wieder Menschen bei der Arbeit
zusehen können, Wäsche waschenden Frauen etwa, Transportflößern
oder Dutzenden von Kormoranfischern. Von letzteren zeigt sich jetzt
nur noch ein Greis mit langem weißen Bart, der auf einem Floß
neben zwei Kormoranen unter seinem spitz zulaufenden Bambushut vor
sich hinzudösen scheint und dann bei der Endstation ein anderer
Alter, der sich für 5 Yuan mit einem Kormoran fotografieren lässt.
Gezähmten
Kormoranen konnten
wir schon in Tongli bei der Arbeit zusehen. Wie unser chinesischer
Reiseführer nun erläutert, nimmt man auf einem Bambusfloß
meist vier bis fünf Kormorane mit, von denen jeder gut 3 kg
auffische und nach ungefähr 15 Jahren "pensioniert" werde.
Wegen des besonders klaren und durchsichtigen Li-Flusswassers findet
der Fang vorzugsweise am Abend mithilfe zweier Gaslampen statt.
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