Bldquellen: Google Maps https://ccdl.claremont.edu/digital/api/singleitem/image/fgp/168/default.jpg https://skd-online-collection.skd.museum/large/338/e6b0980a-3bd2-4ecc-aee2-1b796eff017e.jpg
So.
24.7.88) Am Morgen suchen wir das Madrider „Museo
del Prado“.
Sie ist überfüllt, und die Bilder sind viel zu dicht aufgehängt.
In der spanischen Abteilung begegnet uns wieder El Greco. Und Goya,
der mit seinen „Schwarzen Gemälden“ eine eigenen Abteilung
erhielt; er arbeitet immer wieder entlang den Grenzen zur
fratzenhaften Satire, schon seine Gemälde zeigen maskenhafte Visagen
und Übertreibungen, und sei es nur für das Wangenrot. Wie
beeindruckend allerdings die Serien seiner Druckgrafiken mit den
Unfällen beim Stierkampf, den Napoleonischen Kriegsgräueln und
Szenen der katholischen Inquisition (viele davon wurden erst ein
halbes Jahrhundert nach seinem Tod veröffentlicht)!
Wir
fahren zu dem einige Kilometer nordwestlich gelegenen „Museo
Español des Arte Contemporáneo“.
Wir wollten uns in dem luftigen von Skulpturen umlagerten Museum die
Miró-Ausstellung ansehen, doch ist sie aus irgendwelchen
Gründen geschlossen. – Beim
Durchfahren der Stadt kommen wir an dem riesigen und auf einer Anhöhe
liegenden „Parque
del Retiro“ vorbei
und halten hier zu einem Spaziergang an. Hunderte, nein Tausende
vergnügen sich hier an Jahrmarkts- und Erfrischungsständen,
machen Bootspartien oder hören Musikanten zu. Wir setzen uns zu
Getränken am Rande des großen Teichs nieder und sehen dem Treiben
der Menge und der Spatzen zu.
Gegen
18h30 finden wir uns in der Stierkampfarena
„Las Ventas“
ein. Ich hatte Ruth von einem Stierkampfbesuch 1964 in Valencia
berichtet, sie will das blutige Spektakel aber einmal gesehen haben.
Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Kaum jemand hat die
billigen Plätze auf der Sonnenseite eingenommen, nur die Kapelle hat
dort Platz genommen. Unter den Zuschauern bemerken wir viele Japaner
und Kleinkinder, die man in Busladungen herangebracht haben muss; sie
werden später unverwandt hinsehen, keines der Kinder wendet sich ab
(was wohl als Zeichen der Schwäche gälte). Eine mich an Goya
gemahnende mumienhafte alte Dame, flankiert von einigen jungen
Männern, leitet das Ganze von der Präsidentenloge aus. Anspannung
beim Erscheinen des ersten Stiers, der systematisch müde gemacht
wird; zunächst auch durch clownähnlich Gekleidete, sie sich dann
hinter die Holzpalisaden flüchten, dann durch die Stich und
Schnittverletzungen der Picadores und Banderilleros. Abstoßend für
unsereins die Balzstellungen der Banderilleros und des Matadors, die
den Stier offensichtlich bis zur Blindwut reizen sollen. Der erste
Torero wird in den Sekunden, als der Stier schon zu taumeln beginnt,
auf die Hörner genommen, bleibt aber unverletzt und macht weiter.
Beim Todesstoß dringt seine Degenklinge bis zum Heft ein; als der
Stier, in eine Ecke gedrängt, zusammensinkt, beginnt eine junge
Engländerin neben uns leise zu weinen. Als im zweiten der sechs
Stiere der Degen halb und schief steckenbleibt und das Tier
literweise Blut ausspuckt, erhebt sich im Publikum ob dieses groben
Kunstfehlers nur ein Jammern und Stöhnen; wir aber verlassen
sogleich als einzige die Arena. Ist dieses zelebrierte Abschlachten
nicht zuletzt eine katholische
Obsession, verquickt mit dem ohnehin blutrünstigen Grundcharakter
dieser ein Menschenopfer (Christus) feiernden Gottesreligion?
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