Bildquellen: Google Maps https://cultura.castillalamancha.es/sites/default/files/styles/blog_800x600/public/2018-09/MUSEO%20DEL%20GRECO%20%2817%29.JPG?itok=OtUODpOg
Sa. 23.7.88) Für meine Klingemann-Studien suche ich am Morgen die Nationalbibliothek auf. Über riesig breite Marmorstufen erreiche ich das obere Portal und stehe dort vor einem Uniformierten, der keiner Fremdsprache mächtig sind. Als „profesor alemán“ werde ich dann umständlich zu den Spezialbibliotken quer durch den Park geleitet. Ruth bleibt dort wartend sitzen und erfährt später, wie nach dem Verbleib dieses „Alemán“ geforscht wird.
Wir machen uns dann auf den einstündigen Weg nach Aranjuez, zur ehemaligen Sommerresidenz der spanischen Könige. Das uns im Baedeker von 1988 empfohlene Museum zur Geschichte der Hofkleidung ist seit Jahren geschlossen. Wir wenden uns sogleich dem nördlich des Palastes gelegenen Renaissancegarten „Jardin de la Isla“ („Inselgarten“) zu, dem imaginären Schauplatz von Schillers Drama ‚Don Karlos‘. Zur Insel wurde der Garten durch eine von Philipp II. angeordnete Abzweigung des Tajo (der König selbst spielt in Schillers Stück eine zwielichtige Rolle). Die Anordnung des Lustgartens ist so gefällig wie klug, weist schattenspendende Alleen, etlichen Springbrunnen und kühle Steinbänken mit dahinter liegenden Buchsbaumhecken auf. Wir gehen von der „Kastagnetten-Kaskade“ vor dem Schloss die langgestreckte Promenade vorbei an den Rosenbeeten bei der metallenen Canariera (einer kleinen Voliere) bis hinter den Neptunbrunnen, wo eine kleine Brücke beide Tajoarme überspannt. Einige zentrale Schauplätze wie der Bacchus- und Neptunbrunnen, die Venusfontäne oder die Skulptur des Dornausziehers werden von Gruppen langer Steinbänke umringt, auf denen ein jeweils Dutzend Personen Platz finden könnten.
Ungefähr 50 km weiter in südwestlicher Richtung erreichen wir Toledo, wo uns in der kleinen Innenstadt ein entsetzliches Gedränge erwartet. Schlimmer noch die meist unbeschatteten Fußwege über die Hügelchen der Stadt hinweg. Als wir in einer Kirche Schatten suchen und Ruth sich ihres neuen Fächers bedient, wirft ihr eine der Putzfrauen böse Blicke zu. Zuerst sehen wir uns in der Seitenkapelle der Kirche Santo Tomé, einer ehemalige Moschee, El Grecos Gemälde ‚Das Begräbnis des Grafen Orgaz‘ an. Es erlebte schon kurz nach seiner Fertigstellung (um 1588) einen Besucheransturm, da es in der unteren Bildhälfte viele Zeitgenossen des Grafen porträtierte (mit einem Selbstporträt des kretischen Künstlers und Ikonenmalers).
Auf einem Irrweg kommen wir am Franziskanerkloster „San Juan de los Reyes“ vorbei, dessen Hauptportal das Motiv der durch die Reconquista gelösten Fesseln christlicher Arabersklaven zeigt. Wir betreten den wundervollen zweistöckigen Kreuzgang, dessen Artesonade-Decken teilweise reich im Mudéjar-Stil verziert sind; auch das Deckengebälk nimmt jenes Motiv der gelösten Fesseln auf. – Ein kurzes Wegstück unterhalb der Kirche und dem kleinen „Museo El Greco“ (mit überwiegend religiösen Auftragsarbeiten) liegt El Grecos Wohnhaus, das er sich von den jenen Auftragsarbeiten leisten konnte. Es ist erstaunlich geräumig, hat einen säulenumstandenen Innenhof und und geht mit vielen Zimmern über mehrere (Halb-)Stockwerke hinweg; der eine oder andere Ausblick in den Garten wurde mit malerischem Auge gewählt. – Und eher versehentlich kommen wir schließlich noch an einem Museum für Folterwerkzeuge vorbei. Während Ruth lieber in der Vorhalle auf mich wartet, sehe ich zum ersten Mal etwa die in Spanien und Portugal beliebte Praxis des Räderns und den exakten Gebrauch der „Eisenen Jungfrau“. – In Madrid zurückgekommen, werden noch gegen 22 Uhr Temperaturen um 41 Grad angezeigt. Unweit des Hotels nehmen wir ein kleines Mahl mit hauchzartem Schinken und Patatas ein.
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