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IV Film und Kindheit
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ZUR  DARSTELLUNGSTECHNIK

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Bei der Erinnerungsarbeit stützte ich mich immer auch auf Photographien. Sie waren meist ziemlich genau da­tier­bar, ermöglichten in ihrem realistischen De­tail­reichtum allerdings oft kaum mehr als ein Wie­der­er­ken­nen, das nur ge­le­gent­lich Erinnerungen im engeren Sinne freisetzen konnte. Den vielen fahlen, ver­wisch­ten oder fra­gmentierten Erinnerungsbildern suchte ich in meiner Be­schrei­bungsspra­che möglichst na­he zu blei­ben, fand die Sze­nen aber oft schon mit Vo­kabular aus einer deutlich späteren Zeit belegt, und sei es nur mit ei­ner so simp­len tech­nischen Bezeichnung wie „Ofenklappe”, die ich als knapp Dreijähri­ger ver­mut­lich noch nicht kann­te, aber in meinem Erinnerungsbild als solche, fun­ktionell, vor Augen habe. In der­ar­ti­gen Fäl­len ver­suchte ich kei­ne künstliche Naivität zu entwickeln, zumal solche sprachlichen Über­ar­bei­tun­gen durch­aus erst in späterer Kind­heit oder Ju­gend er­folgt sein dürften (allenfalls kennzeichne­te ich ein mir da­mals zweifellos nicht ge­läu­fi­ges Wort durch Spitz­klamme­rung). Ein nützlicher Schutz hingegen vor gedankenlosen und un­nötigen Ana­chro­nis­men wie den ab­strakten Bezeichnungen des Erwachsenen war der erwähn­te Ge­brauch des Präsens, das eben­so wie die wech­seln­den kindlichen Anredefor­men für die Eltern oder wie ein schlichter Satzbau die Auf­merk­sam­keit auf die Per­spek­tive des Kindes wachhielt. Ich mochte mir damit freilich noch so viel Mühe ge­ben, so war es doch selbst­ver­ständ­lich immer der Erwachsene, der seine Er­in­nerungen beschrieb und auch die Be­ob­ach­tun­gen des Kin­des nun ge­mäß sei­nem weit entwickelteren Sprachgefühl vortrug.

   Reflexionen über das Erinnerte oder auch ergänzende Bemerkungen Dritter hob ich von dem eigentlichen Er­in­ne­rungs­text typographisch deutlich ab.

 


Als ich im Alter von 48 Jahren mit der Niederschrift begann, erwartete ich für die Zeit meiner Kindheit, das heißt bis zum Übergang aufs Gymnasium im Früh­jahr 1955, ein Manuskript von ungefähr 50-80 Seiten Umfang (es wurden bis da­hin, in der ersten Niederschrift, an die 400 Seiten)! Und hätte zu Beginn nicht für möglich ge­hal­ten, daß ich mich auch noch für meine späte Kindheit und Jugend interessieren würde, meinte ich sie doch durch­weg ver­stän­dig durch­lebt und in den Grundzügen begriffen zu haben. Wie gegen meinen Willen wur­de ich über­dies im­mer stär­ker zu einem zusammenhängenden Erzählen hingerissen, ge­gen das ich mich be­stens ge­wapp­net glaub­te. Die Erinnerungsbeschreibungen meiner Jugendjahre (ab dem 14. Lebensjahr), die sich schließ­lich kaum mehr von Spra­che und Einschätzung des Erwachsenen unterschieden, berücksichtigte ich des­halb nur noch dort, wo sie für die grund­sätzlichere Erinnerungs­thematik von Be­lang waren.


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