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von
Metamorphosen sowohl im Lebenslauf des
einzelnen Individuums wie im Gang des
Menschengeschlechts überhaupt,12
bekennt sich gleichwohl gelegentlich zu dem alten
Topos, daß sich der Mensch in seiner Wesensnatur immer gleich
bleibe und in seinen Leidenschaften erneut den „Gang seiner
Torheit” durchlaufen müsse.13
Gerade diese „Menschennatur” freilich
mit ihren „guten und bösen Triebfedern” treibt
für ihn den progressus weiter: „Neugierde und
die unersättliche Begierde nach
Gewinn, nach Ruhm, nach Entdeckungen und größerer
Stärke” würden den einzelnen immerfort
beflügeln und dem sozialen Kollektiv den Horizont
beständig erweitern, ohne Rückweg allerdings zu
überholten, wenn auch liebenswerten Stadien
wie der antiken „unbefangenen Art, die Welt anzusehen”.14
Für
Herder kann dieser permanente, durch die
Überlieferung relativ gesicherte
Zugewinn nur zum Guten führen und besteht seiner
(Glaubens-)Überzeugung nach einzig und
allein darin, daß „mit der Zeitenfolge auch die Vernunft und
Billigkeit unter den Menschen mehr Platz gewinnen
und eine daurendere Humanität befördern”.15
Max
Scheler gehörte
zu den wenigen (pan-)theistisch orientierten
Denkern des 20. Jahrhunderts, die auch für das
postmetaphysische Denken anregend
blieben, weil sein Konzept einer „absoluten”
Weltoffenheit
des Menschen für anthropologische Theoretiker
wie Helmuth Plessner eine Herausforderung
bedeuten mußte. In rein biologischer Betrachtung
verwirft Scheler jede theoretische
Annäherung vom Tier her an den Menschen, da
dieser naturhaft nur ein „krankes, zurückgebliebenes,
leidendes Tier” sei und in seiner „Lebensrichtung”
in eine „Sackgasse” geraten wäre.16
Eine
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12 a.a.O., S. 178
13 a.a.O., S. 396
14 a.a.O., S. 412-414
15 a.a.O.,
S. 411
16
Max Scheler, Die Stellung des
Menschen im Kosmos (7. Aufl. Bern und München 1966), S. 61f.