FRÜHKINDLICHE RAUM- UND SPIELPOSITIONEN NOCH BEIM ERWACHSENEN -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
sich sehr leicht aus dem Ganzen lösen könnte; in der man sich aber
gerade eben noch beteiligt zeigt, denn es ist meist
nicht die auffällige – oder kokette – extreme
Randposition, sondern eine, die noch um einen Schritt, um zwei
Sitzplätze, um einen noch hinter mir Stehenden stärker in das
Geschehen eingebunden ist (so wie in meinem
Rheinwiesen Schema noch ein größerer Junge in der
Kletterweide über mir ein Stückchen weiter draußen
dasitzt). Eine Position, die es erlaubt, unauffällig
zu bleiben und zugleich den Überblick zu behalten.
Überhaupt liegt ihr großer Vorzug in dem ungestörten,
unaufgeregten Zusehen- und Betrachtenkönnen.
Indem sie sich freilich alles Ablenkende und
Überraschende tendenziell vom Leibe hält, macht sie
zugleich spontane oder geistesgegenwärtige
Reaktionen weithin überflüssig und läßt darum diese und
ihre gestischen Ausdrucksformen sicherlich
auch verkümmern.
So
kann die kindliche, im Spiel tausendmal erfahrene und geübte
Raumorientierung sich unbemerkt zu einem komplexeren
Verhaltensstil ausgestalten, der auch für die weitere soziale und
seelisch-geistige Entwicklung bedeutsam bleibt. Denn
während ich mich in meinem frühen Wiesenschema noch zu allerlei
Spielen und Erkundungen aufgerufen
fühle, verharre ich dagegen in meiner späteren Raumposition an der
Grenze und verzichte, insofern der (Spiel-)Raum
nunmehr auch zum Handlungsraum geworden ist, auf das
unmittelbare Eingreifen zugunsten der
distanzierten Betrachtung und Beurteilung.
Man
darf dies nicht dämonisieren und als biographisches Schicksal
ausgeben. Wie für uns Schulkinder die Sitzplätze
manchmal durch äußere Umstände neu festgelegt werden
konnten (Körpergröße etwa, Kurzsichtigkeit oder
unfreiwillige Plazierung auf der ,Lümmelbank’), so würde
auch die drohende Isolation bei einer
Betrachterposition wie der meinigen für
gewöhnlich spätestens im Berufsleben neutralisiert oder
aufgehoben werden, schon durch die Mechanismen
der Arbeitsorganisation und betrieblichen Einbindung. Nun wurde
ich aber einmal nicht der Industriekaufmann, der ich nach der
Vorstellung meiner Eltern nach der Mittleren Reife
hätte werden sollen, sondern boykottierte heimlich den
beruflichen Eignungstest und fühlte mich bald immer stärker
von den praxisfernen Geisteswissenschaften angezogen. Und
insofern meine zurückgezogene Position
zweifellos eine Affinität zur ,theoretischen’ Haltung
hat, konnte sie in dieser Studienwahl überdauern
und dürfte sogar auf die von mir bevorzugten
Studieninhalte und Untersuchungen Einfluß genommen
haben. Hält doch meine wechselnden Hauptthemen
das Interesse an der prekären Überlegenheit von
Distanz- und Außenseiterpositionen
zusammen; dies insbesondere bei Literaten und Künstlern, die
ihre Werke oder auch bestimmte Tiefenschichten
weithin verschlüsselten und insofern auf unabsehbare
Zeit „auf Eis legten”. Mit ihrer Entdeckung
stellte sich zugleich die allgemeinere hermeneutische Frage, wie sich ein solcher
Vorsatz, mit der Essenz
des eigenen Werkes langzeitig eine Zwischenexistenz zu führen
und womöglich ganz in Vergessenheit
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