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Sammlungen eleganter Möbel, von Gemälden und Gebrauchsgegenständen zeigt es im Untergeschoss auch die Schlafkammern der Bediensteten und die große Küche. Zum Fernhalten von Fliegen wurde sie blaugrün gestrichen und präsentiert neben vielen Kupfertöpfen und -pfannen auf dem Küchentisch einen wohl einen halben Meter hohen Zuckerhut. Die beiden älteren Wärterinnen nehmen soeben Tee zu sich, zeigen sich aber auskunftsbereit.
Nun endlich können wird zu dem nur 18 Meilen entfernten, mir als Schüler durch Theodor Fontane liebgewordenen Linlithgow Palace ausfahren. Es war Fontanes 1854 entstandene Ballade ‚Archibald Douglas‘, die mich mit ungefähr elf Jahren als Aussöhnung zwischen den beiden verfeindeten, einst langezeit miteinander befreundeten Männern, tiefer berührte. Dabei hatte Fontane die historischen Fakten im Sinne der poetischen Gerechtigkeit zurechtgebogen, wurde doch die historische Figur des Grafen Douglas nicht begnadigt, sondern in sein französische Exil zurückgeschickt. Fontane selber besuchte 1858 Linlithgow Palace und hielt auf den ersten Blick „das Ganze für eine verräucherte chemische Fabrik oder für ein grau gewordenes Landarmenhaus“, bis ihn das Innere der Ruine mit ihrem „alle Überladenheit meidenden Stil“ eines anderen belehrte.1) Er interessierte sich nur für den westlichen Flügel und vor allen für das Geburtszimmer von Mary Stewart und den „Margareten-Turm“ (Königin Margaret heiratete ein Jahr nach dem Tod ihres Gemahls, des schottischen Königs James IV, ihren Verbündeten Archibald Douglas, der als Regent ihren 1512 geborenen Sohn James V drei Jahre lang wie einen Gefangenen hielt).
Schon Mitte des 14. Jh. war das Schloss am Loch Linlithgow nach der Schleifung durch Robert the Bruce eine Ruine und wurde nach dem Wiederaufbau Mitte des 18. Jh. durch ein Feuer zerstört und von der Bevölkerung geplündert. Bei unserem Besuch hat man für das Durchschreiten der Schlossruine bebilderte Hinweistafeln so detailliert ausgemalt, dass die Einbildungskraft luftiger mitspielen kann als es so oft bei den mit allerlei Plunder vollgestopften und bald schon anödenden Schlössern der Fall ist. Dafür haben diese phansievollen Illustrationen jetzt, in der Erinnerung, die Oberhand über das wirkliche Aussehen der Räume und Gänge gewonnen, nur der quadratische Grundriss mit den vier Flügeln schwebt mir noch vor. Sogar der für Fontane so bedeutsame Westflügel mit den königlichen Gemächern hat auf mich gleichwohl keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Anders der annähernd fünf Meter hohe und mit Skulpturen geschmückte dreistöckige Renaissancebrunnen im Innenhof, den James V anlegen ließ. Auf dem hohen Sockel thronen als mythologisch-heraldische Fabeltiere ein geflügelter Hirsch, ein königlicher Löwe und zwei Einhörner (die offiziellen Nationaltiere Schottlands); das zweite Stockwerk zeigt eine Nixe im Kreise von Repräsentanten verschiedener Stände, und die höchste Etage krönt ein auf vier Säulen ruhender Reichsapfel. Menschen- und Tierköpfe fungieren auf zwei Stockwerken als Wasserspeier, und alles wird üppig von Blatt-, Blüten- und Rankenornamenten eingefasst.
Auf der Rückfahrt nähern wir uns Edinburgh von Süden her. Eine Zeitlang sehen wir einem jungen Mann zu, der auf einer Wiese das Dudelsackspiel übt. Die Ausbildung, auf die jeder schottische Grundschüler ein Anrecht hat, kann sich über 6 Jahre hinziehen, und das Repertoire umfasst üblicherweise mindestens 300 Lieder.
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