DOPPELGÄNGER ALS SELBSTERWEITERUNGEN. PROTESTE GEGEN DEN TOD
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Wie das
Ichphantom beim Klingelschild scheinen
diese drei meine Jugend und ihre Fluchtziele zu
repräsentieren, weithin ohne Ichgefühl
zwar und anonym, dafür aber drastischer darin, wie
sie auf das immer wieder auch Zwielichtige meiner
Herkunft zurückdeuten, von der ich, wie ich
empfand, mich nicht mehr würde davonstehlen können.
Dies habe ich inzwischen akzeptiert und betrachte
jenen Klingelschild-Vorwurf, Möglichkeiten
meiner Entwicklung verschleppt oder auch
liegengelassen zu haben, schon längst als nur zu evident.
So kann ich denn
diese dunklen, meine Lebensverluste verkörpernden Doppelgänger
nunmehr paradoxerweise als Selbst-Erweiterungen
begrüßen. Sie stehen für die Schattenseite meiner Existenz,
die ich mir in langer Erinnerungssuche
wieder verdeutlicht habe, für die Umwege und krummen
Touren ebenso wie für die subversiven Akte und
meinen verschwiegen sich heranbildenden
Widerstand. Daß ich auf diesem Lebensweg vielen etwas
schuldig blieb, wurde mir in späterer Jugend
wohl bewußt, doch konnte ich es damals kaum bedauern,
weil ich genug damit zu tun hatte, so viele Versäumnisse
und Beschädigungen zu kompensieren.
In diesen – dann nicht mehr abgedruckten –
Erinnerungen an die letzten Jugendjahre ging mir
erst auf, wie vieles ich seinerzeit übersehen
hatte und wie vielen Personen ich nicht gerecht wurde, daß ich
vor allem die Lehrer seit langem durch die Bank als
Pauker zu verschreien liebte oder daß mir manche
Kameraden aus bestimmten Gründen als anonymes
oder gar feindliches Kollektiv verdächtig blieben.
Die heimlichen
Doppelgänger aus meiner Kindheit definieren mich primär als Opfer,
als (Hebbels) erschlagenen Heideknaben, der sich in
dem Blutsonnenbild um das Elternhaus einstellt, sodann, in der
Auraphantasie meines Gymnasiums, als
Leidensgenossen der dort Beigesetzten.
Allerdings sind es niemals ausschließlich
Opferphantasien, vielmehr stellen sie zugleich
einen phantastisch erhöhten Totenkult
dar und sind immer auch PROTESTE GEGEN DEN
TOD. Denn diese Toten werden beklagt, gerächt und
geehrt oder leben gar heimlich weiter, nämlich
wiedergängerisch in Gestalt der „Schatten tapfrer Goten” und vor
allem des Herrn von Ribbeck, dieses unter dem
Birnbaum daliegenden Scheintoten, der – wie Fontane selbst –
Generationen zu überspringen und so sein
Erbe weiterzugeben vermag. Tote, die dem damaligen Knaben
auch Mut machten, auszuharren, die
unerträglich gewordene Gegenwart zu überdauern,
indem man einfach nicht mehr mitmacht und alles
schweigend in sich bewahrt – bis zur gegebenen
Zeit.
Und wie sich der
Knabe unbewußt hin zu einem zeitüberschreitenden Totenkult
flüchtete, so verkraftete er in der Regel auch die Verluste
derer, die ihm lieb waren. Vom Tod der kleinen Spielfreundin „Gitti”
erfuhr ich wohl erst Wochen später, da ich damals
schon seit langem am Rhein wohnte und nur noch selten zu unserem
Rondell bei der Großmutter zurückkam. Von
den Spiel-
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